Zwei Stuttgarter Sachverständige erheben schwere Vorwürfe, die damaligen Ermittlungen sollen sabotiert oder unterschlagen worden sein. Im November 2000 waren 155 Menschen bei dem Brand in der Kapruner Standseilbahn verbrannt.
Im Kampf um eine Wiederaufnahme des Kaprunprozesses haben die Stuttgarter Sachverständigen Hans-Joachim Keim und Bernhard Schrettenbrunner am Montag am Landesgericht Wien Anzeige "wegen des Verdachtes der Korruption und der vorsätzlichen Strafvereitelung" erstattet. Die Vorwürfe richten sich gegen die Gutachter sowie unbekannte Auftraggeber. Beim Brand einer Standseilbahn waren am 11. November 2000 in einem Tunnel 155 Menschen verbrannt.
Amtliche Ermittlungen sabotiert?
Nach Recherchen des Unternehmens
von Keim und Schrettenbrunner, der Group WTW Services, seien die amtlichen
Ermittlungen, die nach der Katastrophe im November 2000 vom Innenministerium
vorgenommen wurden, sabotiert oder unterschlagen worden, heißt es in der
Anzeige. Bis Ende 2002 sei von den Gutachtern die Brandursache und -verlauf
mit dem "vollkommen frei erfundenen Einbau des Heizlüfters vom Typ 'Hobby
S'" vorgegaukelt worden. Bereits bei der Spurensicherung der KTZ sei bereits
seit dem 16. November 2000 bekanntgewesen, dass überhaupt kein Heizlüfters
von diesem Typus in den Zügen eingebaut worden sei.
Auch vom giftigen, brand- und explosionsgefährlichem Hydrauliköl seien 560 Liter in den Zügen und Stationen eingesetzt gewesen. Dieser Einsatz sei nie begutachtet worden, heißt es weiters in der sechsseitigen Erklärung. Ferner seien Beweismittel unterschlagen worden wie z. B. die mit Öl getränkten Lärchenbretter.
Das österreichische Justizministerium hat nach einer Strafanzeige von Keim im April 2008 gegen die vier österreichschen Prozess-Sachverständigen weitere Ermittlungen im Fall Kaprun zugelassen. Die vier Gutachter sind aber nicht zu ihrer Einvernahme bei Gericht erschienen. Die Sachverständigen werfen nun vielmehr dem Behördenleiter der Staatsanwaltschaft Salzburg, Marcus Witek, nun Befangenheit vor. Die Oberstaatsanwaltschaft Linz muss den Vorwurf prüfen.
155 Opfer bei verheerendem Brand
Bei dem verheerenden Brand in
den Wagen der Standseilbahn waren am 11. November 2000 in einem Tunnel 155
Menschen verbrannt oder erstickt, unter ihnen mehr als 30 Deutsche. Im
ersten Prozess 2004 in Salzburg waren alle 16 österreichischen Angeklagten
freigesprochen worden. Eineinhalb Jahre später wurde das Urteil bestätigt.
Schadenersatzforderungen der Hinterbliebenen
Nach vergeblichen
Versuchen, ein Wiederaufnahmeverfahren zu erreichen, akzeptierten die
Rechtsvertreter der überlebenden Opfer oder Angehöriger schließlich im
Sommer 2008 einen Vergleich, der den über 400 Angehörigen insgesamt 13,9
Millionen Euro zusprach. Rund 40 Hinterbliebene aus Japan, Holland und
Deutschland haben indes am 27. Februar eine Schadenersatzklage bei einem New
Yorker Gericht eingebracht. Die Klage richtet sich gegen die
Gletscherbahnen Kaprun (GBK), gegen die Republik und gegen alle Firmen, die
mit Bau und Betrieb der Gletscherbahn zu tun hatten.