Sahara-Geiseln
Entführer erhöhen Druck auf Österreich
08.04.2008
ie neue Botschaft der Geiselnehmer ist laut Experten-Meinung keine Fälschung. Verhandlungen stocken.
Die neue Botschaft könnte brisanter nicht sein – zwar enthält sie kein Ultimatum, doch nun ist klar: Die Stellungnahme, die Montagabend unter anderem auf der Internetseite Al Hesbah aufgetaucht ist, ist echt und stammt von der Presseabteilung der Al Kaida im Islamischen Maghreb.
Keine Fälschung
Zu diesem Schluss kommt der deutsche
Al-Kaida-Experte Yassin Musharbash, der das Schreiben genau analysiert hat.
„Alles deutet darauf hin, dass der Text von der Al Kaida stammt: Fundort,
Aufmachung und die verwendeten Formulierungen“, berichtet Musharbash
gegenüber ÖSTERREICH. Es sei „sehr unwahrscheinlich“, dass es sich um eine
Fälschung handle (siehe Interview rechts).
Das Außenministerium gibt sich wie bisher bedeckt und sagt Folgendes: „Unsere Experten haben die Nachricht in der Zwischenzeit analysiert, ihre Schlussfolgerungen fließen in die Bemühungen um die Geiseln ein.“
Gute Nachricht
Tatsache ist: Für Andrea Kloiber und Wolfgang
Ebner beinhaltet die Erklärung eine gute und eine schlechte Nachricht. Indem
die Entführer neue Forderungen formulieren, signalisieren sie
Verhandlungsbereitschaft – wenn auch ohne Ultimatum. Wie berichtet, wird nun
die Freilassung der beiden Wiener Terrorverdächtigen Mohamed M. und Mona S.
verlangt sowie der „symbolische Abzug aus Afghanistan“. „Im Prinzip sind
diese Forderungen eine gute Nachricht. Schließlich hätte statt der Botschaft
auch ein Hinrichtungsvideo auftauchen können“, sagt Al-Kaida-Kenner
Musharbash.
Stillstand
Die schlechte Nachricht: Offenbar sind die
Verhandlungen – wie bereits berichtet – ins Stocken geraten, die Kidnapper
bekunden der Weltöffentlichkeit ihren Unmut über Österreich: Die Regierung
nehme sie nicht ernst, „Österreich hat versucht, sich durch
Presseerklärungen seiner Verantwortung zu entziehen“.
Außenministeriumssprecher Peter Launsky-Tieffenthal wird sogar als „Lügner“
bezeichnet.
ÖSTERREICH-exklusiv
Ähnlich hatte sich die Al-Kaida-nahe
Globale Islamische Medienfront geäußert. Wie ÖSTERREICH exklusiv berichtete,
teilte deren Sprecher sogar mit, die Regierung habe schon vor zwei Wochen
Geld bezahlt – wodurch das dritte, „letzte“ Ultimatum zustande kam. Die
neuen Forderungen konnte die GIMF hingegen nicht bestätigen: „Derartiges
haben unsere Brüder nie erwähnt“, hieß es im Schreiben. Der Grund: Der neue
Drohbrief war der GIMF zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt.
Gefährlich
Klar ist: Al Kaida versucht offenbar, über die
Öffentlichkeit den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Dass die Entführer es
ernst meinen, dürfte dem Krisenstab aber ohnehin bekannt sein. Das
Terrornetzwerk Al Kaida im Islamischen Maghreb ist kampferprobt, die
Veteranen der Organisation haben aktiv an Bürgerkriegen, Entführungen und
Anschlägen teilgenommen. Dennoch: Experten gehen davon aus, dass eine
Hinrichtung der Geiseln den Entführern wenig bringen würde. Musharbash: „Für
einige Zeit ist es natürlich interessant, mit einer Geiselnahme Aufsehen zu
erregen. Schlussendlich ist Bargeld aber interessanter für die Entführer.“