Regierungs-Krise
Molterer erhöht Druck auf SPÖ
05.07.2008
ÖVP-Chef Wilhelm Molterer erhöht nochmals den Druck auf den Koalitionspartner - er verlangt von der SPÖ eine Klärung der Führungsfrage.
Zwei Tage vor dem möglicherweise für die Regierung entscheidenden SPÖ-Präsidium verlangt Molterer von den Sozialdemokraten die Klärung der Führungsfrage in der Partei und eine Rückkehr zur alten EU-Linie. Über Konsequenzen wie einen Neuwahlantrag wollte der Vizekanzler nicht sprechen. Klar sei aber, dass die Verantwortung für alles, was das geschehen möge, "selbstverständlich" bei der SPÖ liege. Er werde nicht da sitzen und die SPÖ-Krise nur beobachten.
"Sehr ernste Situation"
Molterer sprach neuerlich von
einer "sehr ernsten Situation" und griff den Koalitionspartner
frontal an: "Der SPÖ fehlt jede Stabilität." Das beginne
schon bei der Doppelspitze mit Kanzler Alfred Gusenbauer und dem
designierten Parteivorsitzenden Werner Faymann: "Wenn ich mit Faymann
etwas bespreche, muss der Gusenbauer fragen. Wenn ich mit Gusenbauer etwas
bespreche, muss der Faymann fragen."
Regierungsarbeit blockiert
Durch diese Krise bei den
Sozialdemokraten sei auch die Arbeit in der Bundesregierung blockiert: "Die
SPÖ ist gelähmt und die Arbeit in der Bundesregierung nicht möglich."
Er aber wolle arbeiten, müsse man doch gerade jetzt ganze Kraft investieren
in die Sicherheit der Arbeitsplätze und die Entlastung der Bürger. "Im
jetzigen Zustand" sei das aber "schwierig bis nicht möglich".
Schließlich drängte Molterer einmal mehr darauf, dass die SPÖ von ihrem Kurs, wonach bei wesentlichen Vertragsänderungen im Bereich der EU Volksabstimmungen durchgeführt werden müssen, wieder abrückt. Mit dieser neuen Linie seien die Sozialdemokraten aus der Gemeinsamkeit ausgeschert, die Österreich stark gemacht habe und näherten sich "in rapidem Tempo" der FPÖ an.
"Ball liegt bei den Sozialdemokraten"
Ob eine
Fortführung der Regierungszusammenarbeit möglich ist, hängt laut Vizekanzler
davon ab, ob noch gemeinsame Arbeit möglich sei. Derzeit sei dies nicht der
Fall, meinte Molterer: "Wie soll die Arbeit in der Bundesregierung
möglich sein angesichts dieser Führungskrise der SPÖ."
Der Ball liege jetzt bei den Sozialdemokraten. Nach deren Präsidium und den
dort gefällten Beschlüssen werde er sich mit seinen Verantwortungsträgern in
der Volkspartei zusammensetzen und die Lage bewerten, kündigte Molterer an.
Einheitliche ÖVP-Linie bei Gesundheit
Wilhelm Molterer
bestreitet, dass es in der ÖVP unterschiedliche Linien bei der
Gesundheitsreform gibt. Die Volkspartei sei in dieser Frage
"selbstverständlich einig", erklärte der VP-Chef am Samstag. Man habe eine
gemeinsame Linie entwickelt, die aber bei der SPÖ noch nicht angenommen
worden sei, sprach der Vizekanzler von unterschiedlichen Positionen bei den
Sozialdemokraten.
Molterer selbst hat sich nach eigenen Angaben in die Gespräche bereits eingebracht und wird das auch weiter tun, sofern es nötig ist. Noch glaubt der VP-Obmann, dass es zu einem Beschluss im Nationalrat noch vor dem Sommer kommen kann: "Die Chance lebt."
Sicher ist laut Molterer, dass bereits in der kommenden Woche der neue Volksanwalt aus den Reihen der ÖVP präsentiert wird. Er sei überzeugt, dass der Klub der Volkspartei eine "exzellente Bestellung" vornehmen werden. Die Regelung der Nachfolge für die ins Innenministerium gewechselte Volksanwältin Maria Fekter (V) dürfte am Montag bei einer Klubsitzung der ÖVP getroffen werden, die Wahl fände dann am Donnerstag im Plenum statt.