Fahrlässige Tötung

Patient stirbt im Schlaflabor: Pflegerin vor Gericht

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In der Zeit, als die Krankenpflegerin vor Ort war, starb der Patient an deutlich erhöhtem CO2-Wert im Blut. 

Nach dem Tod eines 50-jährigen Patienten in dem Schlaflabor der Lungenheilkunde des Uniklinikums Salzburg im Juni 2023 hat sich am Dienstag eine diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin vor Gericht verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft wirft der mittlerweile pensionierten 64-jährigen Frau das Vergehen der grob fahrlässigen Tötung vor. Sie soll ihren Überwachungspflichten nicht nachgekommen sein. Die Angeklagte hingegen glaubt, keinen ihr vorwerfbaren Fehler gemacht zu haben.

Der Patient - er hatte etliche schwere Vorerkrankungen - sollte damals zur Diagnostik eine Nacht im Schlaflabor verbringen. Die Angeklagte war dafür zuständig, die insgesamt drei Patienten im Labor zu verkabeln, die Aufzeichnungen zu starten und den Schlaf und die gemessenen Werte zu überwachen. Die langjährige Pflegerin war eigentlich schon im Ruhestand, hatte aber ein halbes Jahr vor dem Vorfall für mehrere Nachtdienste im Monat im Schlaflabor zu arbeiten begonnen. Als sie den 50-Jährigen in der Früh entkabeln wollte, ließ sich der Mann nicht mehr wecken. Die Pflegerin löste Alarm aus, Reanimationsversuche blieben aber ohne Erfolg.

Tod hätte laut Gutachten verhindert werden können

Laut Staatsanwaltschaft soll die 64-Jährige es in jener Nacht unterlassen haben, "in der Zeit von 3.45 Uhr bis 5.28 Uhr den Gesundheitszustand des Patienten zu überwachen". Dadurch habe sich der Gesundheitszustand des Mannes laufend verschlechtert. Konkret war ein deutlich erhöhter CO2-Wert im Blut Ursache für den Tod. Der Frau hätte auffallen müssen, dass der Kohlendioxidpartialdruck - eine wichtige Kenngröße für die Lungenfunktion - beim 50-Jährigen auf einen kritischen Wert gestiegen war. Einem medizinischen Gutachten zufolge hätte der Tod des Mannes mit hoher Wahrscheinlichkeit bei einer lückenlosen Überwachung vermieden werden können.

"Weil der Patient mit niedrigen Werten bei der Sauerstoffsättigung gekommen ist, war es meine Aufgabe, ihm je nach Bedarf mehr oder weniger Sauerstoff zu geben, das habe ich kontinuierlich getan", erklärte die Angeklagte heute. Beim Kohlendioxidpartialwert habe sie lange keine Messung bekommen, weil der Patient sehr unruhig war und sich ständig den Sensor herausriss. Schließlich habe sie einen Wert von konstant 125 mmHg (der Druckeinheit Millimeter-Quecksilbersäule; Anm.) erhalten.

"Eine Vorgabe für den CO2-Wert hat es nicht gegeben", betonte die Pflegerin. Dass der Wert hoch sei, habe sie gewusst. "Aber wir haben im Labor ausschließlich chronisch kranke Patienten mit oft massiv erhöhten Werten." Wie sich später herausstellte, zeigte das Messgerät aber gar keine Werte über 125 mmHg an. "Dass das der Maximalwert ist, war mir nicht bewusst." Im angeklagten Zeitraum habe sie sich um einen anderen Patienten gekümmert, aber laufend die anderen beiden Patienten vom Dienstzimmer aus überwacht. "Die Werte waren konstant, darum war ich beruhigt." Ins Zimmer sei sie dabei nicht gegangen. "Die Patienten sollen ja schlafen, es wäre kontraproduktiv, sie zu wecken."

Sachverständiger: "An Vorgaben gehalten"

Wie der Sachverständige heute erklärte, sei es laut Protokoll nur Vorgabe gewesen, dem Patienten Sauerstoff zu geben, um einen Zielwert von 90 Prozent zu erreichen. "Ansonsten wurden keine weiteren Vorgaben gemacht, auch nicht zum CO2-Wert." Die Pflegerin habe sich bei der Sauerstoffsättigung definitiv an die Vorgaben gehalten. "Die Zugabe von Sauerstoff war in dieser Situation aber kontraproduktiv." Es hätte vielmehr eine konkrete Anleitung gebraucht, ab einem bestimmten CO2-Wert den Sauerstoff zu reduzieren. Anhand der vom Gutachter ausgewerteten Daten, wies der Patient am Abend noch einen CO2-Wert von 60 mmHg auf, der dann später auf über 100 mmHg und gegen 1.30 Uhr auf den Höchstwert stieg.

Ob die Frau das hätte erkennen müssen, blieb im Prozess offen. Einen Richtwert, ab wann Lebensgefahr besteht, gibt es laut Gutachter nicht. Er sagte, dass er selbst wohl ab einem Wert von 80 bis 100 mmHG Maßnahmen ergriffen hätte. Der Prozess wurde am Dienstag zur Ladung weiterer Zeugen vertagt. Es sollen nun auch der damals diensthabende Arzt und jener Pfleger befragt werden, von dem die Angeklagte den Patienten übernommen hat. Dadurch soll geklärt werden, welche Anweisung der Frau erteilt wurden. Denn das Protokoll mit den Zielwerten sei damals nicht wie üblich schriftlich, sondern wegen eines Umbaus mündlich übergeben worden, so die Pflegerin.

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