Eine Zwölfjährige soll in Salzburg von drei ihr bekannten Mitschülern missbraucht und dabei gefilmt worden sein. Die Burschen sagten aus, dass sie freiwillig mitgemacht hätte.
Im Fall jener zwölfjährigen Salzburgerin, die im vergangenen September von drei Schülern im Alter von 13, 14 und 15 Jahren in einer Wohnung in der Stadt Salzburg gewaltsam entkleidet, festgehalten, begrapscht und dann fotografiert worden sein soll, haben die Verdächtigen gegenüber der Polizei Stellung genommen. "Sie erklärten, dass das Mädchen freiwillig mitgemacht habe", sagte Oberst Josef Holzberger vom Landeskriminalamt (LKA) am Freitag.
"Sie hat das gewollt"
Die Schülerin soll sich in einen
der Buben verliebt haben. Es sei keine Gewalt angewandt worden, "sie hat das
gewollt", schilderten die Burschen der Sachbearbeiterin im LKA. Zudem seien
in der Wohnung nur zwei und nicht drei Buben anwesend gewesen. Der
polizeiliche Vernehmungsakt "wird demnächst zur Überprüfung an die
Staatsanwaltschaft weitergeleitet", sagte Holzberger.
Nacktaufnahmen verschickt
Die Verdächtigen sollen die
Nacktaufnahmen an mehrere Mitschüler verschickt haben, auch die Schwester
des Opfers soll ein Bild erhalten haben. Die Causa sorgt in Salzburg
mittlerweile für große Aufregung. Jugendlandesrätin Doraja Eberle (V)
forderte in der heutigen Ausgabe der "Salzburger Nachrichten" die
Suspendierung der Burschen vom Unterricht in der Hauptschule Taxham. Der
Rektor der pädagogischen Hochschule, Josef Sampl, sprach sich für die
Einberufung eines Krisenstabes aus.
Keine rechtlichen Schritte möglich
Eine Suspendierung der
Schüler sei rechtlich nicht möglich, betonte Landesschulratspräsident
Herbert Gimpl. Der dramatische Fall habe sich außerhalb der Schule
abgespielt, und es bestehe keine Gefahr im Verzug. "Wir versuchen, eine
pädagogisch bestmögliche Lösung für das Mädchen zu finden. Wir kennen den
Fall erst seit 12. Dezember. Einen Tag vorher war die Mutter bei der
Direktorin, es ging um den permanenten Leistungsabfall ihrer Tochter. Die
Frau schilderte dann den Vorfall vom 14. September als möglichen
Erklärungsansatz." Daraufhin seien u.a. der Betreuungslehrer, der
schulpsychologische Dienst und das Kinderschutzzentrum eingeschaltet worden.
Schülerin krank gemeldet
Auf allen Ebenen werde zum Wohl des
Opfers gearbeitet - "damit die Schülerin weiter in die Schule gehen kann und
ihr Leidensdruck so gering wie möglich gehalten wird", betonte Gimpl. Die
mittlerweile 13-Jährige hat sich in den vergangenen Tagen krankgemeldet.
Heute habe ihre Mutter ein Gespräch mit dem Schulpsychologen und der
Schuldirektorin geführt. Erst wenn der Sachverhalt von den Professionisten
(gemeint sind Polizei und Justiz, Anm.) geklärt sei, könne die
Schulverwaltung über die weitere Vorgehensweise entscheiden.
Sittliche Gefährdung "selbstverständlich"
Der
Rechtsanwalt der betroffenen Familie, Andreas Schöppl, vertritt eine andere
Rechtsmeinung. Nach Paragraf 49/Absatz 3 des Schulunterrichtsgesetzes müsse
ein Schüler vom Unterricht ausgeschlossen werden, wenn er die körperliche
Sicherheit oder Sittlichkeit anderer gefährde und Gefahr im Verzug sei. Eine
geschlechtliche Nötigung sei zudem ein Verbrechen nach Paragraf 202 des
Strafgesetzbuches. Dass in diesem Fall ein sittliche Gefährdung vorliege,
bezeichnete der Anwalt als "selbstverständlich".
Schutz des Opfers vor dem des Täters
Schöppl schickte heute
einen Brief an die zuständige Bezirksschulbehörde, in dem er auf die
Rechtslage hinwies und die Behörden ersuchte, bis zum 7. Jänner 2008 mit der
Suspendierung der Burschen "einen gesetzmäßigen Zustand herzustellen - damit
das traumatisierte Mädchen wieder in die Schule gehen kann. Dass sie dann
vielleicht in eine andere Schule gehen muss, kann ja in einem Rechtsstaat
nicht der Fall sein. Der Schutz des Opfers muss vor dem Schutz des Täters
gestellt werden."