Schweinegrippe

Schon 10.000 Österreicher grippekrank?

05.11.2009

Die Schweinegrippe grassiert in Österreich viel massiver als bekannt. Der Grund: Die offiziellen Zahlen verschweigen das wahre Ausmaß.

Zur Vollversion des Artikels
© AP
Zur Vollversion des Artikels

In Österreich gibt es viel mehr Schweinegrippe-Opfer, als bisher offiziell gemeldet. Die Behörden sprechen derzeit von 493 Erkrankten und einem Todesopfer – Stand 2. November. Experten bestätigen jetzt, dass die Dunkelziffer in Österreich massiv höher ist als bekannt.

„Es werden nur die Fälle gezählt, die völlig sicher als Schweinegrippe diagnostiziert wurden. Die tatsächliche Zahl liegt viel, viel höher“, sagt Grippe-Experte Michael Kunze. Man müsse von „mehreren Tausend“ Angesteckten ausgehen.

Auch im Institut für Virologie in Wien, wo Proben auf Schweinegrippe untersucht werden, rechnet man mit einer weit höheren Zahl. „Wir haben allein am Mittwoch 59 positive Proben gezählt, so viele wie noch nie zuvor“, bestätigt Virologin Monika Redlberger. Noch Anfang November wurden in diesem Labor in Wien pro Tag „zwei bis drei“ Fälle erfasst. „Derzeit ist hier bei uns extrem viel los. Das, was offiziell als Fall bestätigt wird, ist nur die Spitze des Eisbergs“, so Redlberger.

Nachbarländer melden massive Verbreitung
Dazu kommt: Es dauert oft Tage, bis eine Erkrankung in der offiziellen Statistik aufscheint. Denn in der Regel meldet der Arzt an die Bezirkshauptmannschaft, diese an die Sanitätsdirektion, diese ans Ministerium. Wer den österreichischen Instanzenweg kennt, weiß, was das bedeuten kann…

Der Blick über die Grenze zeigt, dass in Österreich schon an die 10.000 Menschen erkrankt sein könnten. Im unmittelbaren Nachbarland Bayern haben laut Behördenangaben rund 12.000 Menschen Schweinegrippe. Und im kleinen Südtirol gibt es seit gestern 400 bestätigte Fälle – in ganz Italien sind es laut Schätzungen 250.000. Und die Ukraine schockte gestern mit der Meldung, eine halbe Million Menschen habe sich angesteckt. Klar ist, laut Experten: „Österreich steht erst am Anfang.“

Virus breitet sich rasend aus
Wie rasend schnell sich das H1N1-Virus derzeit verbreitet, zeigt eine neue Welle in Kärnten. Dort traten gestern bei fünf Einwohnern des Kolping-Heims Klagenfurt die Grippe-Symptome auf, es wurde ein eigener Krankentrakt im Heim eingerichtet. Bei drei Erkrankten wurde das Virus bereits nachgewiesen. Der Amtsarzt von Klagenfurt, Klaus Fillafer, schlug gestern Alarm. Er erklärte, dass in manchen Schulen über 70 Kinder oder Jugendliche an grippalen Symptomen erkrankt sind. Fillafer glaubt, dass jetzt keine Schule in Klagenfurt mehr schweinegrippefrei ist. Bis zum Frühjahr gebe es „eine vollständige Durchseuchung mit diesem Virus“.

Hauptproblem derzeit: Die Bevölkerung hatte noch nicht die Chance, sich zu impfen. Zudem müssen Patienten nicht ins Spital. So breitet sich die Krankheit ungehindert aus. Anders ist die Situation beim Bundesheer. Dort liegen jene 15 Soldaten, die sich angesteckt haben, unter Quarantäne im Heeresspital Stammersdorf bei Wien. In der offiziellen Statistik scheinen sie freilich nicht auf…

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel