Der angeklagte Wiener bestritt vor den Geschworenen jeden Tötungsvorsatz. Er wollte seinen Angaben zufolge nur seine Tochter und seine Enkel vor dem Schwiegersohn, einem streitbaren Berufssoldaten, schützen. Die Geschworenen schenkten seiner Verantwortung nun Glauben.
Wien. Wegen versuchten Mordes wurde am Montag am Landesgericht gegen einen 64-jährigen Pensionisten verhandelt. Der bisher Unbescholtene hatte im Herbst seinem Schwiegersohn ein Klappmesser in die Brust gestochen - um seiner Tochter und seinen drei Enkelkindern beizustehen, wie der Angeklagte einem Schwurgericht erklärte. Er sei der Tochter zu Hilfe geeilt, nachdem es einmal mehr einen Ehestreit gegeben und die Frau ihn angerufen hatte. Nun wurde er rechtskräftig von der Anklage freigesprochen.
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Die Ehe der Tochter und dreifachen Mutter dürfte seit mehreren Jahren nicht mehr ganz so rosig verlaufen. Ein Seitensprung ihres Ehemannes dürfte dabei eine zentrale Rolle spielen, außerdem soll der Berufsoffizier beim österreichischen Bundesheer ein gröberes Alkoholproblem haben. Zudem gab es wohl finanzielle Probleme. Auf den Anruf seiner Tochter hin sah der Schwiegervater deshalb dringenden Handlungsbedarf gegeben, weil sein Schwiegersohn abrupt abbrach. Der 64-Jährige befürchtete das Schlimmste. "Er hat seine Tochter und seine Enkel in Gefahr gesehen", betonte Verteidiger Johannes Wolf.
Verletzten als "Hurensohn" beschimpft
An der Adresse der fünfköpfigen Familie in Wien-Floridsdorf angelangt, kam es zunächst zu einem Wortgefecht zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn. Der 64-Jährige versetzte dem 34-Jährigen schließlich einen Stoß und stach ihm darauf ein Klappmesser mit einer neun Zentimeter langen Klingenlänge in die Brust. Als der Jüngere zusammenbrach, nachdem er dem Kontrahenten noch drei Mal die Faust ins Gesicht geschlagen hatte, beugte sich der 64-Jährige über den Verletzten und versetzte ihm laut Anklage mit den Worten "Mit mir brauchst di net anlegen, du Hurensohn" seinerseits einen kräftigen Faustschlag. Nachbarn alarmierten die Polizei, der Verletzte wurde von der Berufsrettung Wien in ein Spital gebracht, der Schwiegervater festgenommen.
Der 34-Jährige hatte Glück. Die Klinge war im Bereich der siebten Rippe nur einen Zentimeter in seinen Körper eingedrungen. Lebensgefahr war einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge zu keinem Zeitpunkt gegeben, der Sachverständige qualifizierte die Verletzung ihrem Grade nach als leicht. "Es ist nur auf Zufall keine gravierende Verletzung entstanden", hielt die Staatsanwältin fest. Wer jemandem ein Messer in die Brust stoße, nehme den Tod des Kontrahenten billigend in Kauf. Die Anklägerin ging daher von zumindest bedingtem Tötungsvorsatz aus.