Superhirn-Prozess
Sechs Jahre Haft für Millionen-Betrüger
23.02.2010
Jahrelang foppte Superhirn Werner Rydl Finanz und Justiz. Jeden Österreicher um 50 Euro geschädigt.
Sechs Jahre Haft wegen Millionen-Betrugs - so lautete am Mittwoch das noch nicht rechtskräftige Urteil für den Steuer-Großbetrüger Werner Rydl im Wiener Straflandesgericht. Beim Prozess ging es aber nicht um die "Steuergeschichten" des 52-Jährigen - er soll der Finanz innerhalb von fünf Jahren unglaubliche 116,3 Millionen Euro "abgeluchst" haben - sondern um vergleichbar läppische 2,6 Mio. Euro, um die der Mann Partner seiner Exportgeschäfte geschädigt hat.
Jahre als Krösus vorbei
Der "Steuer-Jongleur"
soll von 1992 bis 1995 mit mehreren Firmen Exportgeschäfte eingefädelt und
die Unternehmen getäuscht und geschädigt haben, indem er vorgab, sie würden
dafür die Umsatzsteuer zurückbekommen. Tatsächlich aber soll er die Steuer
abgezogen und insgesamt 4,8 Millionen Euro für sich lukriert haben.
Ein Teil der Summe bezieht sich aber auf Vorgänge, die dem von Brasilien an Österreich ausgelieferten Mann nicht mehr angelastet werden können, weil sie nach dortigem Recht verjährt sind. Nach Jahren als Krösus an der brasilianischen Küste bei Recife – mit Wohnsitz in einem weithin berühmten blauen Turm und etlichen braun gebrannten Gespielinnen – landete Werner Rydl 2005 in südamerikanischer Auslieferungshaft.
Mit Strafe zufrieden
Viereinhalb Jahre darbte der inzwischen
staatenlose Wiener in verdreckten Zellen, bis er schließlich nach Österreich
überstellt wurde. Rydl zeigte sich mit der nun verhängten Strafe zufrieden."Mein
Verhalten schreit nach Bestrafung, ich fordere die Höchststrafe",
hatte der Sonderling vor dem Prozess gefordert. Er fühle sich in der
österreichischen Haft sehr wohl und wolle noch länger hinter Gittern
bleiben.
Milliarden-Schaden
Tatsächlich dürfte Rydl in seiner Heimat
nicht viele Freunde haben. Der ausgefuchste Spekulant hatte mit einem
Warenkarussell – er verkaufte wertlose Parfüms nach Österreich und leitete
sie über Scheinfirmen wieder an sich zurück, als Gewinn blieb ihm die
Umsatzsteuer – die Finanz um mehr als eine Milliarde Schilling geschädigt.
Umgerechnet auf zwei Millionen Brutto-Steuerzahler, kostete das jeden
einzelnen Österreicher rund 50 Euro. Doch dafür muss sich der 52-Jährige
nicht verantworten, weil er von Brasilien zu dieser Straftat nicht
ausgeliefert worden ist.
Hand in Hand mit Staatsanwalt
Viele Exporteure mussten Konkurs
anmelden: "Es war dem Angeklagten bewusst, dass sie um ihr Geld umfallen,
aber es war ihm egal", sagte Staatsanwalt Volkert Sackmann. "Ich gehe Hand
in Hand mit dem Staatsanwalt", erklärte R., der sich selbst verteidigte und
darzulegen versuchte, dass er nicht Täter, sondern Opfer der Republik
Österreich sei.
"Ursache" des entstandenen Schadens sei aber die Finanz: "Sie kann nicht zulassen, dass die Republik Österreich pleitegeht. Ich wusste, dass die Finanz den Staat schützen und die Exporteure betrügen muss, aber ich habe mich für ein Abgaben-Embargo entschieden", so R. "Den Moment möchte ich nun nutzen, um hochoffiziell mein Embargo zu beenden", sagte er und zog einen Brief an die Finanzprokuratur hervor. "Eigentlich müsste ich jetzt da reinschauen", meinte Richter Thomas Kreuter. Daraufhin der 52-Jährige: "Wir sind hier ja nicht unter Betrügern."
Mutter bereits verurteilt
Auf die Frage, ob er
Privatbeteiligten-Ansprüche anerkenne, erklärte der 52-Jährige: "Ich kann
das nicht. Wenn die Finanz den Schaden zahlt, dann kann ich es der Finanz
als Kulanz zahlen." Ob er das Geld zur Sicherstellung im Voraus überweisen
würde? "Ich halte nichts von Risikogeschäften", sagte R., der seine Zukunft
gemeinsam mit der UNO im Kampf gegen internationale Korruption sieht. "Und
wie werden Sie Ihren Lebensunterhalt finanzieren?", fragte der Richter. "Ich
bleibe nicht in Österreich. Vermögenslos bin ich nur hier."
Das Schöffengericht verhängte sechs Jahre Haft, wobei die Untersuchungshaft in Brasilien vom 30. März 2005 bis zum Urteilstag angerechnet wird. 16 Mittäter des Mannes - darunter seine Mutter und sein Bruder - waren bereits 2001 bzw. 2002 zu mehrjährigen Haftstrafen rechtskräftig verurteilt worden. R. hingegen hatte sich 1995 nach Brasilien abgesetzt und die dortige Staatsbürgerschaft angenommen. Im März 2005 war er auf Basis eines internationalen Haftbefehls verhaftet worden; er setzte aber alle Hebel gegen eine Auslieferung nach Österreich in Bewegung. Erst im September 2009 wurde er abgeschoben und saß seither in Wien in U-Haft.