Obwohl man Name und Unterkunft kannte, konnte der 26-Jährige untertauchen.
Ein Mann, der am 13. April 2016 in kurzer Zeit in Wien-Döbling sechs Frauen belästigt haben soll - in einem Fall soll es zu einer versuchten Vergewaltigung gekommen sein -, ist für die Strafverfolgungsbehörden nicht mehr greifbar. Obwohl der Verdächtige identifiziert und ausgeforscht werden konnte, vermochte er sich seiner Festnahme zu entziehen, berichtet "Die Presse" (Mittwoch-Ausgabe).
Asylwerber identifiziert
Eines der Opfer - eine 30 Jahre alte Frau - hatte den Täter auf Fotos aus Überwachungskameras erkannt. Der Übergriff hatte sich im Bereich einer Straßenbahnhaltestelle abgespielt. Um mögliche weitere Opfer zu finden, ersuchte die Polizei die zuständige Staatsanwältin um "Anordnung einer Lichtbildveröffentlichung". Dazu kam es nicht, weil - wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nina Bussek, am Mittwoch der APA erklärte - "von der Polizei die Information gekommen ist, dass das nicht mehr notwendig ist".
Zwischenzeitlich soll nämlich der Verdächtige von Mitarbeitern einer Flüchtlingsunterkunft als ein 26 Jahre alter marokkanischer Asylwerber identifiziert worden sein. Nach Informationen der "Presse" wurde der Mann am 26. April von Wien nach Klagenfurt verlegt. Obwohl man seinen Namen und seinen Aufenthaltsort zu diesem Zeitpunkt kannte, blieb der Mann tagelang unbehelligt, ehe er am 30. April von der Bildfläche verschwand.
Keine Festnahmeanordnung
Am 4. Mai trat die Polizei neuerlich an die Staatsanwältin heran und riet "dringend" zur "Festnahme des Beschuldigten, um weiteren sexuellen Angriffen entgegenzuwirken", zumal sich - wie "Die Presse" aus dem Akt zitiert - "die Intensität der sexuellen Übergriffe von ,Rücken streicheln' beim ersten Opfer bis zur versuchten Vergewaltigung von Mal zu Mal gesteigert hat". Dessen ungeachtet wurde eine Festnahmeanordnung zunächst nicht erlassen. "Als die Kollegin die allerersten Infos über die Identität und den Aufenthaltsort bekommen hat, war der Verdächtige bereits unbekannten Aufenthalts", bemerkte dazu Behördensprecherin Bussek.
Fahndung
Mittlerweile wird nach dem 26-Jährigen gefahndet, Ermittlungen wegen geschlechtlicher Nötigung und sexueller Belästigung laufen. Seitens der Polizei war vorerst keine Stellungnahme zu der Causa zu erhalten. Bei der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien zeigte man sich am Mittwoch irritiert und will jetzt der Frage nachgehen, ob es zu Ermittlungspannen gekommen ist. "Im Vordergrund steht die lückenlose Aufklärung solcher Vorfälle. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat daher die rasche und umfassende Prüfung dieses Falls veranlasst", kündigte OStA-Sprecher Michael Klackl gegenüber der APA an.