Prozess vertagt
Sex-Klage gegen Tiroler Spitzenpolizist
26.05.2011
SID-Beamter soll eine Frau, die Polizistin werden wollte, bedrängt haben.
Der Prozess wegen geschlechtlicher Nötigung und Amtsmissbrauchs gegen einen ranghohen Mitarbeiter der Tiroler Sicherheitsdirektion (SID) am Landesgericht Feldkirch ist am Donnerstag auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Nach der Anhörung des Angeklagten und mehrerer Zeugen befand es das Gericht am späten Nachmittag für notwendig, zur Entscheidungsfindung weitere Zeugen zu laden. Auch das Video der kontradiktorischen Einvernahme des mutmaßlichen Opfers wird dem Schöffensenat erst bei der Fortsetzung der Verhandlung gezeigt werden.
Interessentin sexuell bedrängt?
Die Anklage wirft dem Beamten vor, eine Interessentin für den Polizeidienst in seinem Büro sexuell bedrängt zu haben. Zudem hat der Spitzenpolizist - wie er vor Gericht zugab - in vier Fällen Protokolle von Testberichten von Sicherheitskontrollen am Innsbrucker Flughafen ohne Wissen der Autoren abgeändert und ans Innenministerium nach Wien geschickt. Staatsanwältin Andrea Rohner sprach davon, dass der Angeklagte negative Sachverhalte "positiv umformuliert" habe.
Der SID-Beamte berichtete vor Gericht von dem Interesse der Frau, Polizistin werden zu wollen. Sie sei ihm vom Flughafensicherheitsdienst bekanntgewesen, und er habe sie in ihrem Vorhaben durch gutes Zureden unterstützt. Es sei aber in keiner Weise zu sexuellen Berührungen gekommen. Drei Küsse habe es gegeben, ausgegangen seien diese Zärtlichkeiten aber von der Frau, erklärte der Angeklagte auf die entsprechende Frage von Richter Peter Mück. Sie habe bis zuletzt gedacht, dass er ihr bei der Aufnahme zur Polizei behilflich sein könne, was aber nicht der Fall sei. Das habe er ihr auch klar gesagt. Nachdem sie bei der Aufnahmeprüfung durchgefallen sei, habe die Stimmung bei der Frau umgeschwenkt. Am Ende sei die Anzeige gegen ihn aus Rache erfolgt.
Sperma-Spuren auf der Büro-Couch
Verteidiger Albert Heiss versuchte in seinem Eingangsplädoyer, die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers zu erschüttern. Die Frau habe angegeben, dass sein Mandant die zwei Türen seines Büros versperrt habe, ehe es zu dem angeblichen Übergriff gekommen sei. Ein kriminaltechnisches Gutachten habe aufgrund von Lackspuren aber zweifelsfrei ergeben, dass eine der beiden Türen schon sei Jahren nicht mehr abgeschlossen wurde.
Zur Sprache kamen dabei auch die "Sexeskapaden" (Mück) des Angeklagten mit anderen Frauen in seinem Büro, die der mehrfache Familienvater und engagierte Katholik einräumte und durch Spermaspuren auf der Büro-Couch belegt sind. "Wie haben Sie sichergestellt, dabei nicht gestört zu werden?", wollte das Gericht wissen. "Indem keine Sekretärin da war" und er die Türe zum Gang versperrt habe, so der Beamte. Im Falle des mutmaßlichen Opfers sei die Tür aber offen gewesen.
Kolleginnen und Kollegen des mutmaßlichen Opfers vom Flughafensicherheitsdienst erzählten im Zeugenstand davon, wie sich die Frau ihnen anvertraute. Sie sei nach dem Treffen mit dem Beamten "fertig" gewesen. "Es stand Aussage gegen Aussage, und sie wollte ihren Job nicht verlieren", begründete eine Freundin die lange Verzögerung bis zur Anzeige im Herbst 2009. Den Mut zur Anzeige habe die Frau erst aufgebracht, als bei dem Flughafensicherheitsdienst "ein zweiter Fall" die Runde gemacht habe - demnach soll es im Büro des Angeklagten zu Geschlechtsverkehr mit einer Kollegin des angeblichen Opfers gekommen sein, nachdem die Kollegin "Nein" gesagt und der Angeklagte "Bitte, bitte" gebettelt habe. Angeklagt ist dieser Vorfall nicht.
Hinsichtlich der vier Testberichte gab der Angeklagte zu, diese ohne das Wissen der Verfasser abgeändert zu haben. "Sie haben in einem Fall aus einem Bericht gestrichen, dass eine Mitarbeiterin des Flughafensicherheitsdienstes bei einem Test eine Sprengstoffattrappe nicht erkannt hat", konfrontierte Staatsanwältin Rohner den Angeklagten mit dem diesbezüglich wohl schwerwiegendsten Vorwurf. Dieser sprach von einem Irrtum und von "sozialen Erwägungen", außerdem falle die Abänderung der Berichte in seine ureigenste Kompetenz. Die Mitarbeiterin habe die Attrappe nicht aus Unfähigkeit nicht erkannt, sondern weil sie abgelenkt gewesen sei. Er habe ihr eine Nachschulung aufgebrummt und einen schriftlichen Verweis erteilt. "Ich habe nie jemandem etwas geschenkt", betonte der Mann. Die Mitarbeiterin, die bei dem Sicherheitstest die Sprengstoffattrappe übersah, sagte aus, dass sich der Angeklagte ihr gegenüber völlig korrekt verhalten habe.