Der Arzt will sofort nach Österreich, um seine kranke Frau zu pflegen.
Es sind höllische Qualen, die Eugen Adelsmayr ausstehen muss. Der österreichische Mediziner wird beschuldigt, in Dubai einen Mann umgebracht zu haben. Es droht die Todesstrafe.
Der Vorwurf: Der Intensivmediziner soll im Spital angeordnet haben, einen Querschnittgelähmten nicht mehr zu behandeln. Der Patient starb, Adelsmayr wird der Prozess gemacht, die Anklage lautet auf Mord.
Gestern wurde der Prozess gerade mal zehn Minuten lang fortgesetzt: Die fünf Zeugen der Anklage tauchten nicht auf, es wurde vertagt. Adelsmayr fürchtet weiter um sein Leben.
Doch das Drama ist weitaus größer: Adelsmayr bangt auch um das Leben seiner Frau. Sie liegt schwer krank in Österreich, muss stationär behandelt werden. Der Mediziner (4.200 km entfernt) ist verzweifelt: „Mein Platz müsste bei meiner Familie in Österreich sein.“ Doch solange der Prozess läuft, darf er nicht heim.
Verhandler-Team.
Jetzt versucht das Außenministerium alle diplomatischen Tricks. Ein Verhandler-Team (die Chefin der Rechtsabteilung und der Experte für den arabischen Raum im Ministerium) reist demnächst nach Dubai. Am Sonntag soll es erste Gespräche geben.
Das Ziel: Dem Mediziner Adelsmayer wenigstens eine vorübergehende Ausreise zu ermöglichen. Er soll sich um seine Frau kümmern können. Derzeit helfen seine zwei Söhne (23, 25). Aber sie haben nur mehr drei Wochen Zeit: Der eine studiert, der andere beginnt seinen neuen Job.
Falls Adelsmayr seine Frau überhaupt in Österreich pflegen darf: Am 25. September wird er sich in den Flieger setzen müssen. Für diesen Tag ist ein Gerichtstermin angesetzt. Die Erwartungen sind nicht sehr hoch: Zeugen dürfen drei Mal unentschuldigt fernbleiben ...
ÖSTERREICH: Ihr Anwalt hat nach dem Prozess mit dem Richter über eine humanitäre Ausreise gesprochen wegen Ihrer sehr kranken Frau ...
Eugen Adelsmayr: Ja, das ist es, was mich in Wahrheit so zermürbt. dass mein Platz derzeit bei meiner Familie in Österreich sein müsste, und nicht hier. Meine Frau musste jetzt wieder stationär aufgenommen werden und ich kann nicht bei ihr sein.
ÖSTERREICH: Auch alle diplomatischen Kräfte werden jetzt mobilisiert, um Ihnen diese Ausreise zu genehmigen. Haben Sie Hoffnung?
Adelsmayr: Ja. Vielleicht hat sich das Blatt ein bisschen gewendet. Das internationale Interesse wird immer größer. Außerdem würde ich ja jedenfalls zu einer Verhandlung kommen. Erstens, weil ich beweisen will, dass ich hier schuldlos bin und zweitens, weil ich sonst mein Leben lang als flüchtiger Mörder gesucht würde.
ÖSTERREICH: Sie telefonieren so oft es geht mit Ihrer Familie. Wie trösten Sie sich gegenseitig?
Adelsmayr: Die Situation zerreißt mich fast, aber meine Söhne geben meiner Frau Kraft und ich versuche das auch – hoffentlich darf ich sie bald in den Armen halten.
(hab)