Opfer-Anwalt spricht
Skandal kann Kirche 24 Millionen kosten
01.04.2010
Laufend melden sich neue Opfer bei der „Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt“.
Der Anwalt Werner Schostal sitzt in seiner Wiener Kanzlei hinter einem Schreibtisch voller Aktenberge. „Ich habe geahnt, dass sich sehr viele Betroffene bei uns melden“, sagt er. „Aber ich habe nicht gedacht, dass es so viele in so kurzer Zeit sind.“
Am 19. März hat Schostal die „Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt“ ins Leben gerufen – er will Opfern kirchlicher Gewalt eine juristische Plattform geben, ihnen helfen. Und wenn es nicht anders geht, die Kirche im Namen der Opfer anklagen.
„Ich verurteile, was da passiert ist. Am schlimmsten finde ich, dass das alles unter dem Deckmantel der Kirche geschah.“ Waren es am ersten Tag noch zehn Opfer, die sich der Plattform angeschlossen haben, sind es dieser Tage mehr als 150. „Ein paar wollen einfach nur reden, ihre Geschichte loswerden. Die meisten werden sich aber einer Klage anschließen.“
Eigentlich strebt Schostal eine außergerichtliche Lösung mit der Kirche an. Klappt das aber nicht, folgt die Klage – und da kommt auf die Kirche einiges zu.
Opfer-Anwalt: „Chancen für Opfer stehen gut.“
„Bei
jahrelangem Missbrauch sind 80.000 Euro angemessen. Es handelt sich jedoch
um einen Sockel-Betrag. Je nachdem, ob es um körperliche, sexuelle und
psychische Gewalt handelt, kann die Forderung theoretisch auf 160.000 Euro
pro Opfer steigen“, sagt Schostal. Er hatte auch schon Anrufe von
Betroffenen, die 150.000 Euro Entschädigung fordern, weil eine Therapie
70.000 Euro jährlich kostet.
Der Missbrauchs-Skandal könnte die Kirche somit bis zu 24 Millionen Euro
kosten
Nun wird einmal bei jedem Opfer der Sachverhalt geklärt. „Das
wird Wochen dauern.“ Ein entscheidender Punkt ist, ob der Missbrauch schon
verjährt ist oder nicht. Noch vor dem Sommer könnte es zur Sammelklage durch
einen Verein kommen oder jede Einzelperson klagt nebeneinander. „Theoretisch
ist eine Millionenklage möglich“, sagt Schostal. Und: „Die Chancen stehen
gut, sonst hätten wir das nicht gemacht.“ Heute wird die weitere
Vorgehensweise bekannt gegeben.
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