Die zwei Bergsteiger schildern, wie sie die Ereignisse am K2 erlebt haben. Das Tagebuch.
Sa, 2. August, 1 Uhr:
DIE ERSTE LAWINE GEHT AB. Wir bemerken,
dass sich eine riesige Eislawine oberhalb einer Engstelle am K2, dem so
genannten Flaschenhals, löst. Die Lawine begräbt sofort sieben Bergsteiger
unter sich. Mehrere Alpinisten, die die Engstelle schon passiert haben,
können nicht mehr zurück, weil die Fixseile weggerissen wurden. Wenige
Stunden zuvor war bereits ein Serbe abgestürzt und starb. Mein Kollege
Thomas Strausz und ich sind zu diesem Zeitpunkt genau eine Stunde von der
Unglücksstelle entfernt. Wir sind auf einer Probebesteigung für einen
eigentlichen Rekordversuch, den Gipfel in Minimalzeit zu bezwingen. Wir
beschließen, abzusteigen auf etwa 7.500 Meter und die restliche Nacht dort
in Sicherheit zu verbringen.
Sa., 6 Uhr:
Eine weitere Lawine tötet Retter. Erst mit
Sonnenaufgang konnten wir das ganze Ausmaß sehen. Zwei nepalesische Sherpas
versuchen unterdessen, zu jenen vorzudringen, die noch in der Wand hängen.
Doch eine weitere Eislawine löst sich und tötet die zwei Bergsteiger. Wir
zwei Österreicher steigen wieder auf, um nachzusehen, ob wir noch etwas tun
können. Mittlerweile sind noch zwei andere Bergsteiger beim Versuch,
zurückzuklettern, abgestürzt und tödlich verunglückt.
Sa., Vormittag:
Zwei vermisste Österreicher? Die Nachricht vom
Bergunglück wird international bekannt. Vom Basiscamp werden die ersten
Berichte nach außen gefunkt. Darin heißt es nur: Zwei Österreicher werden
noch vermisst. Man nimmt an, dass auch wir von der Lawine verschüttet worden
sind. Doch mein Kollege Strausz und ich sind den Lawinen entgangen. Da
niemand mehr hier den Verunglückten helfen kann, ohne sich selbst in
Lebensgefahr zu bringen, beschließen wir, wieder ins Basislager abzusteigen.
Doch die Nacht müssen wir noch am Berg in unseren mitgeführten Biwaks
verbringen.
So, 3. August, Vormittag:
ANKUNFT IM BASISLAGER. Wir kommen im
Basislager an. Erst jetzt hören wir, dass insgesamt zwölf Bergsteiger ums
Leben gekommen sind. Endlich kann ich nach Hause telefonieren und Bescheid
geben, dass ich nicht unter den Getöteten bin. Wir sprechen mit vielen
heimischen Medien. Unsere wichtigste Botschaft: Es geht uns gut.
Di, 5. August:
Rückmarsch in die Zivilisation.Thomas Strausz
und ich machen uns auf einen drei Tage dauernden Marsch vom Basislager in
die nächste Ortschaft auf. Von dort müssen wir noch eine kurze Strecke mit
dem Jeep zurücklegen, ehe es mit dem Bus 26 Stunden lang quer durch Pakistan
bis in die Hauptstadt nach Islamabad geht. Für mich ist ein Platz am Flug am
11. August nach London und von dort weiter nach Wien frei. Thomas Strausz
muss noch länger warten: Erst am 14. August kann er voraussichtlich wieder
zurückfliegen. Ich habe das Glück und kann schon am Montag am Flughafen
Schwechat meine Freundin wieder in die Arme schließen.