Chronologie
So wurde im Fall Kampusch ermittelt
08.01.2010
Am 23. August 2006 gelang Natascha Kampusch die Flucht. Die Ermittlungen liefen nicht immer glatt. Im Folgenden eine Chronologie.
Am 2. März 1998 wurde Natascha Kampusch als Zehnjährige auf dem Schulweg in Wien von Wolfgang Priklopil entführt und mehr als acht Jahre in einem Kellerverlies in seinem Haus im niederösterreichischen Strasshof gefangen gehalten. Aus eigener Kraft gelang ihr am 23. August 2006 in einem unbeobachteten Moment die Flucht aus dem Garten.
Ihr Peiniger nahm sich unmittelbar danach das Leben. Ihr Verschwinden zählt zu den spektakulärsten Fällen der jüngsten Kriminalgeschichte. Rund um die Ermittlungen und mögliche Polizeipannen gab es immer wieder Diskussionen.
Folgend eine Chronologie der zuletzt geführten Erhebungen:
17. November 2006
Die Staatsanwaltschaft stellt das
Ermittlungsverfahren ein. Außer der Zeugenaussage einer Zwölfjährigen gibt
es keine Erhebungshinweise, die auf einen Komplizen Priklopils hinweisen,
heißt es.
6. Februar 2008
Nach Vorwürfen der Fall Kampusch hätte
früher aufgedeckt werden können und Hinweise seien vertuscht worden, setzt
Innenminister Günther Platter (V) eine Evaluierungskommission (EK) ein, der
Ex-Verfassungsgerichtshof-Präsident Ludwig Adamovich vorsteht.
23. April 2008
Adamovich spricht erstmals von einer
ungeklärten Frage nach möglichen Mittäter und beruft sich dabei auf Aussagen
Kampuschs gegenüber einer Polizistin, die nach der Flucht als erste mit der
heute 21-Jährigen gesprochen hatte. Die Beamtin hielt in einer Aktennotiz
fest, Kampusch habe auf die Frage nach Mittätern geantwortet, sie könne
"keine Namen nennen".
23. Oktober 2008
Die Ermittlungen im Fall Kampusch werden
von Bundeskriminalamt (BK) und Staatsanwaltschaft (StA) neu aufgerollt. Das
Innenministerium setzt zeitgleich die EK erneut ein.
Mai 2009
Nach der Fertigstellung eines nicht
veröffentlichten Zwischenberichts der EK brodelt die Gerüchteküche.
Vermutungen und Spekulationen über Komplizen Priklopils wollen nicht mehr
verstummen. Das BK bleibt dabei, dass es keine Hinweise auf mehrere Täter
gibt.
6. Juli 2009
Der Grazer Oberstaatsanwalt Thomas Mühlbacher
wird beauftragt, die Arbeit der Wiener Behörde in zweiter Instanz zu
beurteilen und Empfehlungen abzugeben.
28. Juli 2009
Zwei Ermittler erhalten Einsicht in das bisher
von der StA unter Verschluss gehaltene Einvernahmeprotokoll, das mit
Kampusch unmittelbar nach ihrer Flucht aufgenommen wurde.
4. August 2009
Die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien zieht
das Verfahren an sich und setzt Mühlbacher dauerhaft als Leiter der
Ermittlungen ein. Mit der Zuteilung eines Externen will man auch
Anschuldigungen gegen die eigene Behörde entkräften.
7. November 2009
Gegen Priklopils Freund Ernst H. wird wegen
Beteiligung ermittelt. Er wird auch der Freiheitsentziehung verdächtigt. Die
beiden Männer trafen sich kurz nach Kampuschs Flucht ein letztes Mal.
Weiters wird ein Ersuchen an die deutsche Staatsanwaltschaft gestellt, bei
zwei Personen Beweismittel sicherzustellen.
13. November 2009
Kampusch wird mehrere Stunden von der
Staatsanwaltschaft befragt. Gleichzeitig wird Ernst H. von 15.00 Uhr bis
Mitternacht in Wien einvernommen. Beim Verhör ändert H. seine bisherigen
Aussagen und gibt an, doch von Kampuschs Entführung gewusst zu haben.
Priklopil soll ihm die Tat unmittelbar vor seinem Ableben gestanden haben.
Auch punkto einer Geldüberweisung von 500.000 Schilling (rund 36.300 Euro)
an den Täter macht er andere Angaben und rückte von der ursprünglichen
Version, er habe seinem Freund Geld für ein Auto geliehen, ab.
4. Dezember 2009
DNA-Spuren aus dem einstigen Haus von
Priklopil werden für eine neue Auswertung an ein Labor geschickt. Die
erneute Überprüfung des Verlieses ist eine Vorsichtsmaßnahme, da es
zugeschüttet werden soll.
24. Dezember 2009
Adamovich wird im Wiener Straflandesgericht
wegen übler Nachrede zu einer Entschädigung von 10.000 Euro verurteilt. Die
Mutter von Kampusch, Brigitta Sirny, hatte den Juristen verklagt, nachdem
dieser in mehreren Interviews behauptet hatte, es wäre denkbar, dass für
Kampusch die Zeit ihrer Gefangenschaft "allemal besser war als das, was sie
davor erlebt hat". Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
8. Jänner 2010
Wolfgang Priklopil hat bei der Entführung
offenbar keine Komplizen bzw. Mitwisser gehabt. Die Mehrtäter-Theorie ist
auszuschließen, so der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA), Werner
Pleischl. Auch die Verdachtslage gegen den in dem Verfahren als
Beschuldigten geführten Freund von Wolfgang Priklopil, Ernst H., hat sich
nicht erhärtet.