Klimakleberin Windl

"Soll bleiben!" - Riesenwirbel um Klima-Shakira: Anwalt, Petition

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Nach dem Abschiebe-Bescheid gegen Klima-Shakira Anja Windl fordern tausende Unterstützer: "Sie soll bleiben!"

Der Staat fährt gegen die deutsche Aktivistin und Klima-Shakira Anja Windl (28) jetzt härtere Geschütze auf. Nach dutzenden Festnahmen, Nächten im Polizei-Anhaltezentrum und zuletzt einer längeren Haftstrafe, weil sie Geldstrafen nicht beglich, soll Windl abgeschoben werden.

Abschiebung

Das Bundesamt für Fremdenwesen (BFA) erteilte der Klimakleberin ein Aufenthaltsverbot für Österreich. Die Behörde verfügte, Windl solle innerhalb eines Monats das österreichische Staatsgebiet verlassen. Weigert sie sich, wird sie abgeschoben.

Das ist das Ergebnis eines mehr als 25 Monate langen fremdenrechtlichen Verfahrens gegen die deutsche Klimaaktivistin Anja Windl  - ein zweijähriges Aufenthaltsverbot in Österreich. Auf eine oe24-Anfrage heißt es aus dem Innenministerium: "Wir bitten um Verständnis, dass zu Einzelfällen – außer in rechtlich geregelten Ausnahmefällen – aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft erteilt werden kann. Wir können aber jedenfalls versichern, dass es in jedem Einzelfall zu einer sehr genauen und objektiven Prüfung des relevanten Sachverhaltes kommt."  

Protestwelle und Petition: "Anja bleibt!"

Windl sei in Österreich noch nie strafrechtlich verurteilt worden, die Voraussetzung für ein solches Verbot sei aufgrund ihrer langen Aufenthaltsdauer in Österreich jedoch eine "schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit", sagt ihr Rechtsanwalt Ralf Niederhammer. Der Advokat will gegen den Bescheid vorgehen.

Schon 1.597 Unterstützer von Anja Windl haben die Petition "Protest schützen: Anja bleibt!" unterschrieben. Sie richten sich an das Bundesverwaltungsgericht und kommentieren unter anderem: 

"Abschiebung ist eine übertriebene Strafe für gewaltlosen Protest. Das Klima kennt keine Grenzen, ebenso wenig wie der Klimaprotest."

 "[Ich unterstütze Windl,...] weil friedlicher Protest kein Abschiebegrund sein darf!"

 "Wie traurig, dass man vor solchen Personen mehr Angst hat in der Politik als vor dem Klimawandel." 

In der Petition heißt es: Wenn so hart gegen friedlich protestierende Personen vorgegangen wird, ist das eine Gefahr für die gesamte Bevölkerung. 

Außerdem steht in der Petition für die deutsche Aktivistin: "Gegen den Bescheid vom BFA wird Anja Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Anja hat ihren Lebensmittelpunkt in Österreich, ihr Zuhause, ihre Freund*innen. Anja ist eine Bereicherung für die Demokratie und darf nicht abgeschoben werden. Wir fordern, dass Protest geschützt wird und Anja bleibt!"  

Vorwürfe

Das BFA wirft Windl unter anderem eine "führende Rolle" für das Anwerben neuer Mitglieder vor und ihr wird ein "Schwerpunkt" im "Bereich der Öffentlichkeitsarbeit" attestiert. Sie sei zudem mehrmals wegen des Verdachts strafbarer Handlungen "polizeilich in Erscheinung getreten". Ihre "querulatorische Neigung" sei dabei jedoch kein Ausdruck von Aktivismus, sondern auf "weitreichende Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung" ausgerichtet, wie es in dem Schreiben heißt.

Vom BFA hieß es zuletzt, es handle sich immer um "eine administrativrechtliche Maßnahme zum Schutz vor Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit". 

Windl: "Werde Land nicht freiwillig verlassen"

Windl selbst sprach gegenüber Medien von "einem Versuch, gegen friedlichen Protest vorzugehen". Es werde ein "beunruhigender Umgang mit Aktivismus normalisiert". Sie habe seit sieben Jahren ihren "Lebensmittelpunkt in Österreich", sagte Windl. "Ich werde das Land nicht freiwillig verlassen." 

Strafverfahren weiter im Gang

Windl lebt seit Herbst 2017 in Klagenfurt. Die bayrische Studentin gilt als eines der Gesichter des im August 2024 aufgelösten österreichischen Ablegers der Klimaschutzbewegung "Letzte Generation". Zusammen mit der Gruppe hatte sie in den vergangenen Jahren unter anderem mit Verkehrsblockaden auf Straßen oder Autobahnen gegen die Klimapolitik der Bundesregierung protestiert.

Die Frage zur strafrechtlichen Relevanz der Proteste ist noch ungeklärt. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung und der schweren Sachbeschädigung gegen die Studentin und weitere ehemalige Mitglieder der "Letzten Generation" sind seit November 2023 anhängig.

Anwalt legt Beschwerde ein

Niederhammer kündigte Beschwerde gegen die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot beim Bundesverwaltungsgericht an. Damit werde auch die rechtlich vorgesehene vierwöchige Frist zum Verlassen des Landes aufgeschoben. Windls Anwalt kritisiert: "Man wirft ihr aber vielfach die Aktivitäten der 'Letzten Generation' und ihre Social-Media-Auftritte vor."

So geht das BFA vor! Allgemeine Erklärung

Zu Einzelfällen gibt es keine Stellungnahme aus dem Innenministerium, allerdings war man so freundlich oe24 eine Auflistung zu senden, was grundsätzlich in Fällen wie jenem von Anja Windl gilt:

• Sobald das BFA Hinweise erhält, dass ein EU-Bürger in Österreich unrechtmäßig aufhältig ist oder straffällig wurde, leitet das BFA ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein. Im Zuge des Verfahrens werden alle relevanten Informationen gesammelt und die Umstände des Einzelfalles genau geprüft. Dabei wird den betroffenen Personen auch die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

• Gegen EU-Bürger kann das BFA ein Aufenthaltsverbot erlassen, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

• Kommt das BFA zum Schluss, dass die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot vorliegen, ergeht ein dementsprechender Bescheid. Gegen diesen Bescheid kann eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht werden, das – wie jedes Gericht – unabhängig, weisungsfrei und völlig eigenständig entscheidet.

• Sobald ein Aufenthaltsverbot rechtskräftig ist, gilt in der Regel ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat. In diesem Zeitraum muss die betroffene Person eigenständig ausreisen.

• Grundsätzlich wird seitens des BFA der freiwilligen bzw. eigenständigen Ausreise – auch in Umsetzung entsprechender europäischer Vorgaben – immer der Vorzug gegeben. Erst wenn der Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen wird und keine freiwillige bzw. eigenständige Ausreise erfolgt, wird vom BFA in letzter Konsequenz eine zwangsweise Rückführung in die Wege geleitet.

• Die fremdenrechtliche Beurteilung erfolgt eigenständig und unabhängig von den Strafgerichten. Es handelt sich bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes um keine Bestrafung, sondern um eine administrativrechtliche Maßnahme zum Schutz vor Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit.

• Während der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes darf die betroffene Person nicht wieder nach Österreich einreisen. Es besteht jedoch die Möglichkeit einer Bewilligung für eine Wiedereinreise, wenn dies aus wichtigen öffentlichen oder privaten Gründen notwendig ist, wie zum Beispiel im Falle einer notwendigen Anwesenheit im Rahmen einer Gerichtsverhandlung.

Anwalt von Windl verweist auf Klimarat

"Inwiefern davon eine derartige Gefährdung ausgehen soll, die ein Aufenthaltsverbot rechtfertigt, ist mir nicht klar", sagte der Rechtsanwalt von WIndl zu ihren bisherigen Aktionen. "Das BFA beschuldigt sie sogar, die politischen Verhältnisse in Österreich verändern zu wollen. In Anbetracht, dass sie sich für die Einhaltung der Forderungen des Klimarates einsetzt, ist das einigermaßen kurios."

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