Darum konnte der Täter nicht abgeschoben werden
07.02.2019
Tatverdächtiger könnte laut Innenministerium als Kurde wohl auch trotz negativen Asylbescheids nicht abgeschoben werden.
Der Fall des türkischen Asylwerbers, der den Sozialamtsleiter der BH Dornbirn erstochen haben soll, hat zahlreiche Fragen aufgeworfen - etwa, warum sich ein krimineller Asylwerber mit Aufenthaltsverbot auf freiem Fuß befand. Das Innenministerium (BMI) reagierte am Donnerstag mit einer Klarstellung, die die Komplexität der Rechtslage in Asylfragen deutlich machte.
Laut BMI wäre der Asylantrag des 34-Jährigen voraussichtlich negativ beschieden worden, dem Mann hätte dennoch eine Duldung in Österreich zugestanden werden müssen. Der Türke habe zwar im Zuge seines Asylverfahrens Angaben gemacht, die die Zuerkennung eines Schutzstatus ausschließen könnten. Aber wegen der "sensiblen Angaben" im Verfahren - der türkische Staatsbürger erklärte, er sei Kurde - wäre trotz negativen Bescheids keine Abschiebung erfolgt. Das wäre nicht vereinbar mit Artikel 3 der Menschenrechtskonvention, hielt das Ministerium fest.
"Fast Track"-Verfahren, also Schnellverfahren mit einer derzeitigen Dauer von etwa einem Monat, würden nur bei sicheren Herkunftsländern mit geringer Aussicht auf Schutzgewährung durchgeführt, etwa Georgien - nicht in ermittlungsintensiven Verfahren, die wie im konkreten Fall zu einer Duldung führen könnten. Diese Normverfahren dauerten derzeit etwa drei Monate.
Aufenthaltsverbot wäre nicht mehr aufrecht gewesen
Einen Antrag auf Asyl könne nach EU-Vorgaben auch dann gestellt werden, wenn ein Aufenthaltsverbot bestehe. Der Asylantragsteller erhalte damit auch ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht und einen faktischen Abschiebeschutz, so das Ministerium. Im konkreten Fall wäre das Aufenthaltsverbot für den 34-Jährigen wohl ohnehin nicht mehr aufrecht gewesen, da laut EuGH Aufenthaltsverbote zeitlich befristet seien. "Denn EU-rechtlich gilt: Nicht jedes ausgesprochene Aufenthaltsverbot ist ein bestehendes Aufenthaltsverbot", so das BMI. Das Asylverfahren habe Vorrang vor dem Aufenthaltsverbot.
Schubhaft in einem laufenden Asylverfahren dürfe nur bei Sicherungsbedarf verhängt werden, das sei in der österreichischen Verfassung und der europäischen Menschenrechtskonvention verankert. Weil der 34-Jährige aber privat bei einer Familie wohnte und dort gemeldet war, wäre ein Sicherungsbedarf nicht argumentierbar gewesen, so das Ministerium. Schubhaft könne nur verhängt werden, um die Abschiebung sicherstellen zu können.
Landeshauptmann Markus Wallner und Sicherheitslandesrat Christian Gantner (beide ÖVP) hatten am Donnerstag gefordert, es müssten im Rahmen der Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention und der Menschenrechtskonvention auf Bundesebene die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, dass Personen, die rechtskräftig verurteilt seien bzw. trotz eines Aufenthaltsverbots um Asyl ansuchten, bis zum Ausgang des Verfahrens nicht auf freiem Fuß belassen werden. "Das laufende Asylverfahren des Attentäters ist rasch zu beenden. Ein schnelles Handeln ist zum Schutz der Bevölkerung notwendig", betonte Gantner. Er ersuchte die Behörden um rasches Handeln, Messerstecher und Attentäter hätten in Vorarlberg keinen Platz.