Nataschas Geschichte bewegt die Österreicher noch immer – und noch immer üben sich einige in wilden Spekulationen.
Am Donnerstag ist es genau ein Jahr her, dass Natascha Kampusch nach achteinhalb Jahren Gefangenschaft endlich die Kraft aufbrachte, sich aus den Fängen ihres Peinigers Wolfgang Priklopil – der sich danach vor einen Zug warf – zu befreien.
Fluchtversuche
Eine Frage, die nach wie viele Österreicher
beschäftigt, ist, warum Natascha nicht schon vor dem 23. August 2006
entkommen konnte. Dazu gab die heute 18-Jährige in Interviews an, wenigstens
zweimal vor der geglückten Flucht gewagt hatte, zu fliehen: „Ich konnte aber
nichts riskieren. Ein Fehlversuch hätte bedeutet, nie mehr aus meinem
Verlies heraus zu kommen. Ich musste sein Vertrauen sichern.“ Generalmajor
Gerhard Land, der die SOKO Natascha leitete: „Bei einem Versuch ist ihr vor
lauter Panik schwindelig geworden. Noch im Garten in Strasshof ist sie
umgekehrt.“
Ausflüge
Ebenso sehr interessiert nach wie vor die
Menschen, wieso Natascha mit ihrem Entführer und langjährigen Kidnapper (von
dem sie am Montag im ORF-Gespräch sagte, er sei eine arme Seele, den sie
durchaus manchmal manipulieren konnte) sogar Ausflüge unternahm?
Christkindl-Markt
Ob das alles wirklich nur mit dem
Stockholm-Syndrom zu erklären ist, dass sie sogar im Auto mit Priklopil am
Steuer unterwegs war? „Einmal wollte ich am Gürtel aus dem Auto springen.
Aber er hat mich festgehalten“. Dazu gibt es Gerüchte von gemeinsamen
Shopping-Touren, einem Skiausflug auf den Semmering, ein anonymer Anrufer
meldete sich kürzlich, der behauptete, Natascha und Priklopil vor zwei
Jahren gemeinsam auf dem Christkindlmarkt gesehen zu haben.
Staatsanwalt
Die Wiener Gratiszeitung Heute wiederum will
enthüllt haben, dass das Verlies zum Zeitpunkt als Natascha vor neun Jahren
entführt wurde, noch gar nicht gebaut war und dass dies gegen eine geplante
Tat sprechen würde. Dazu Gerhard Lang vom Bundeskriminalamt gegenüber
ÖSTERREICH: „Ich bin sicher, diese Leute kennen nur die Aktenzahl des Aktes
der Staatsanwaltschaft, der fest verschlossen in einem Safe liegt, nicht
aber was drinnen steht. Hier werden nur alte Gerüchte und aus Archiven
bekannte Fakten wieder aufgewärmt. Natascha selbst hat ja ausgesagt, dass
das Verlies erst nach und nach gebaut wurde. Zum Beispiel kam die
Holzverkleidung erst später dazu, und Priklopil hat sich beim Einbau der
Verliestür verletzt und musste daraufhin ins Spital.“
Aktenzeichen
Auch Gerhard Jarosch von der Wiener
Staatsanwaltschaft dementiert, das die „Akte Natascha“ im Umlauf ist bzw.
an Medien weitergegeben wurde: „Jeder Staatsbürger kann erfahren, welche
Aktennummer die Causa hat.“ Tatsächlich lautet sie „13 ST 62869/99y“.
„Doch der Akt selbst ist unter Verschluss“, betont Jarosch.