Serie Teil 5
St. Pölten ist der Nabel der Medienwelt
12.03.2009
200 Reporter aus aller Welt und 25 mobile TV-Stationen berichten über das Fritzl-Verfahren. Sie werden von 100 Polizisten im Zaum gehalten.
Zum Jahrhundertprozess gegen Inzest-Vater Josef Fritzl (73) wird St. Pölten von einer Medienlawine überrollt: Kohorten der mehr als 200 angekündigten Berichterstatter und 25 mobile TV-Studios aus aller Welt sind in NÖ, um Millionen Sehern und Lesern den besten Stoff zu bieten. In der Stadt tummeln sich Reporter vom arabischen Sender Al Jazeera bis zum US-Giganten CNN, vom britischen Massenblatt The Sun bis zur elitären Die Zeit.
Drohungen
Alle 409 Fremdenbetten St.Pöltens mit drei oder vier
Sternen sind bis Freitag (Urteilsverkündung) belegt. Auf dem Parkplatz neben
dem Gerichtsgebäude wurde ein 150 Quadratmeter großes Pressezelt aufgebaut
und ein zusätzlicher mobiler Handymast errichtet, damit das Netz täglich
Tausenden Telefonaten mit Redaktionen rund um den Globus standhält.
Weil es im Vorfeld Drohungen gegen den Angeklagten und seinen Verteidiger Rudolf Mayer gegeben hat, gilt in der Prozesswoche höchste Sicherheitsstufe. Und das bedeutet: Die Zufahrt zum Gericht wurde gesperrt, Absperrgitter errichtet. Bereits dort sind gleich 25 Polizisten für Zutrittskontrollen postiert.
Flugverbot und Sicherungen
Von Montag bis Freitag gilt über dem
Gerichtssaal ein Flugverbot in einem Radius von einem Kilometer und bis
1.800 Meter Höhe, damit der Horror-Vater nicht aus der Luft attackiert oder
befreit werden kann. Mit Tretgittern abgesichert ist seit Freitag nicht nur
der Haupteingang zum Gericht am Schießstattring, sondern auch das Seitentor
in der Heßstraße. Letzteres bleibt laut Polizei während der Prozesswoche
gesperrt. Die zwei Demonstrationen am bzw. ab Montag werden Schadwasser
zufolge vor dem Gerichtsgebäude stattfinden. Kundgebungen haben die
Plattform "Opferoffensive" aus Wien ("Für eine Gesellschaft
frei von sexueller Gewalt") und "Resistance for Peace" ("Kinderschutz
im Zusammenhang mit Justizbehörden und der Politik") angemeldet.
100 Polizisten im Saal
Im Großen Schwurgerichtssaal wachen 100
Polizisten über 95 zugelassene Berichterstatter und drei Kiebitze wachen –
allerdings kaum länger als eine Stunde. Denn um 9.30 Uhr wird der Angeklagte
aus der U-Haft vorgeführt und spätestens nach Verlesung der Anklageschrift
wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
Für alle Reporter eine Katastrophe
Denn über die Aussage
von Fritzl-Opfer E. (elf Stunden auf Video) darf nicht berichtet werden. Und
Zeugen sind keine geladen. Nur die Geschworenen bekommen das ganze
Geschehen. Mag sein, dass sie deshalb so streng bewacht werden wie Josef
Fritzl selbst.
Wer in der Woche des Prozesses gegen Josef F. in anderer Angelegenheit am Landesgericht St. Pölten zu tun habe, müsse dies nachweisen und werde in der Folge im Bereich der Sicherheitskontrolle abgeholt und begleitet - z.B. von Gerichtsmitarbeitern oder Rechtspraktikanten, hieß es bei der Polizei weiter. Verkehrsprobleme in St. Pölten am Montag vor Beginn des ersten Verhandlungstages gegen Josef F. erwarteten Schadwasser und Bäuchler nicht.