Erkrankten steht Schmerzensgeld und Angehörigen Schadensersatz zu.
Der Fall des mit Listerien verseuchten Hartkäses beschäftigt nun auch die Staatsanwaltschaft und die Polizei: Die Grazer Anklagebehörde hat einen Ermittlungsauftrag erteilt, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Manfred Kammerer, am Donnerstag sagte. Mit Ergebnissen rechnet er in ein paar Wochen. Den Angehörigen der bisher sechs Opfer steht nach Einschätzung von Anwälten Schadenersatz zu. Unterdessen hat das Unternehmen seine Verbraucherwarnung erneuert und eine Untersuchung des Falles durch ein Expertenteam eingeleitet. Auch die politische Diskussion ging weiter.
Ursachenforschung
Die Firma Prolactal appellierte an Haushalte,
Produkte der unter Verdacht der Listerien-Kontamination stehenden
Erzeugnisse keinesfalls zu verzehren, sollten diese noch im Haushalt
vorhanden sein. Zugleich erklärte das Unternehmen, ein unabhängiges
Expertenteam habe mit der Ursachenerforschung begonnen.
Die Mitglieder des Expertenteams kommen aus dem Hygiene-, Reinigungs- und Lebensmittelbereich und verfügten über internationale Erfahrung, so Prolactal. Faktisch werde der gesamte Bereich der - weiterhin eingestellten - Käseproduktion auf den Kopf gestellt. "Eine lückenlose Aufklärung und eine grundlegende Ursachenfindung hat jetzt oberste Priorität", hieß es vom Unternehmen.
Bauernquargel
Bei den Produkten geht es Prolactal zufolge um
folgende in Österreich bei Spar, Geschäften der Rewe-Gruppe, Hofer und dem
gesamten Lebensmittelhandel - ausgenommen Lidl - im Verkauf gewesenen Sorten
und Verpackungen: Hartberger Bauernquargel natur 200g, Hartberger
Bauernquargel Paprika 200g, Hartberger Bauernquargel Paprika 100g,
Hartberger Bauernquargel mit Kümmel 200g, Steirischer Quargel mit Paprika
125g, Steirischer Quargel mit Kümmel 125g, Fastenkäse Klassik 150g,
Fastenkäse Chilli 150g, Milchkanne Quargel 200g, Milfina Quargel 200g.
In Deutschland, Tschechien und Slowakei gilt Gleiches für die Lidl-Eigenmarken "Reinhardshof, Harzer Käse" und "Reinhardshof, Bauernkäse mit Edelschimmel." Weiters war in Tschechien und der Slowakei der Magerkäse unter der Bezeichnung "Banovecke Syrceky" mit und ohne Paprika im Handel. Über die am Mittwoch in Österreich eingerichtete Hotline 0800-201080 waren bisher mehr als 500 Anrufe zu verzeichnen.
Erkrankte bekommen Schmerzensgeld
Die Angehörigen jener sechs
Personen, die an mit Listerien verseuchtem Quargel verstorben sind, können
Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen. Erkrankten steht
primär Schmerzensgeld zu, betonten Rechtsexperten. Begräbniskosten,
Leichenschmaus und alle sachlichen Aufwendungen, die kausal zu dem Todesfall
stehen, seien den Angehörigen der Toten zu ersetzen. Auch ein immaterieller
Schadenersatz, quasi für den "seelischen Schmerz", wie Rechtsanwalt Martin
Prunbauer es nannte, stehe den Angehörigen zu. Dieser sei allerdings laut
Miklautz an einen Nachweis gekoppelt, der einen gewissen Krankheitswert der
Angehörigen belegen muss.
Unterdessen wurde bekannt, dass in Deutschland möglicherweise mehr Menschen an Bakterien-belastetem Käse aus Österreich neu erkrankt sind als angenommen. "Bei vier Patienten liegt ein Infektionszusammenhang nahe", sagte eine Sprecherin des Robert Koch Instituts (RKI) am Donnerstag in Berlin. Die Fälle stammten aus diesem Jahr. Die Verbraucherorganisation Foodwatch bemängelte die Lebensmittelsicherheit in Deutschland: Sowohl Behörden als auch beteiligte Unternehmen würden "wirtschaftliche Interessen über den Gesundheitsschutz der Bürger" stellen.
Vorwürfe gegen Stöger
Der steirische BZÖ-Abg. Gerald
Grosz hat seinen Vertuschungsverdacht in Sachen Listerien gegen
Gesundheitsminister Alois Stöger (S) erneuert und Konsequenzen gefordert.
Seiner Meinung nach sei zu spät auf Hinweise über Infektionen reagiert
worden. FPÖ-Mandatare forderten unterdessen den Rücktritt von Stöger und von
Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (V). Das
Gesundheitsministerium, die Gesundheitsagentur AGES und Vertreter der
Regierungsparteien SPÖ und ÖVP wiesen die Vorwürfe zurück.
Ulrich Herzog, Bereichsleiter Verbrauchergesundheit im Gesundheitsministerium und vom BZÖ am Mittwoch des Amtsmissbrauchs bezichtigt, nahm ebenfalls im Gespräch mit der APA Stellung: "Ich kann nur auf Basis des Lebensmittelrechts informieren, wenn der Unternehmer seiner Verpflichtung zur Information nicht nachkommt." Im gegenständlichen Fall sei das alles ohnehin vom Unternehmen erfolgt.