Ein Steirer hat Knecht über viele Jahre hinweg geschlagen - und nicht entlohnt.
Wegen Vernachlässigung eines Wehrlosen, schweren Betrugs und Urkundenfälschung musste sich am Montag ein 63-jähriger Obersteirer am Landesgericht Leoben verantworten. Der ehemalige Landwirt soll einen geistig zurückgebliebenen Mann fast drei Jahrzehnte lang wie einen "Knecht" am Hof behandelt sowie geschlagen und schlecht bezahlt haben. Der Bauer erklärte sich großteils für schuldig, nur die Vernachlässigung wies er entschieden zurück.
Skandal flog 2008 auf
Im Herbst 2008 sorgte der Fall des
56-jährigen Knechts für Aufsehen, Ermittlungen gegen den Bauern wurden
eingeleitet. Gutachten ergaben, dass das Opfer in seiner Entwicklung und im
Sozialleben stark eingeschränkt ist. Daher wurde aus dem Verdacht der
Sklaverei Vernachlässigung eines Wehrlosen.
Geschwüre von Gummistiefeln
Laut Strafantrag soll der Bauer
die Arbeitskraft des Knechtes übermäßig in Anspruch genommen und ihn nicht
ausreichend mit Nahrung versorgt haben. Weiters habe der Beschuldigte kaum
medizinische Versorgung gewährleistet und den Mann regelmäßig beschimpft und
geohrfeigt. Die Staatsanwaltschaft sprach von "offenen Geschwüren an
den Füßen vom ständigen Tragen der Gummistiefel, die erst behandelt wurden,
als sie von selbst nicht mehr zuheilen wollten".
Sohn machte mit
Die Tatbestände schwerer Betrug und
Urkundenfälschung betreffen nicht nur den unbescholtenen 63-Jährigen,
sondern auch dessen 29-jährigen Sohn, der die Wirtschaft mittlerweile
übernommen hat. Beide sollen Unterschriften des Opfers bei Förderansuchen
und Pachtverträgen gefälscht haben. Dadurch entstand dem 56-Jährigen sowie
der Sozialversicherungsanstalt der Bauern ein Schaden in der Höhe von rund
200.000 Euro. Dies wurde vom Beschuldigten anerkannt.
Während das Verfahren gegen den Sohn noch am Vormittag ausgegliedert und der 29-Jährige wegen schweren Betrugs nicht rechtskräftig zu sechs Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt wurde, musste die Verhandlung gegen seinen Vater fortgesetzt werden. Dieser wollte zum Vorwurf der Vernachlässigung keine weiteren Angaben machen. Auch sein Sohn entschlug sich der Zeugenaussage.
Kein Urlaub, kein freies Wochenende
Die Befragung des
mutmaßlichen Opfers gestaltete sich ob seines geistigen Zustands schwierig.
Der 56-jährige Knecht erklärte vor dem Richter, dass er fast immer an jedem
Tag der Woche von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr gearbeitet habe. Zu Mittag hätte er
eine Pause zum Essen gemacht. Seine Aufgaben am Hof waren umfassend, Urlaub
oder ein freies Wochenende habe er nie gehabt.
Wenn er freihaben wollte, sei er einfach zwei oder drei Tage weggegangen: "Der Bauer hat ja immer gleich mit mir geschrien." Der Angeklagte habe ihn dann zum Arbeiten zurück auf den Hof geholt, so das mutmaßliche Opfer weiter.
Prozess vertagt
Eine richtige Entlohnung habe der Knecht auch
nicht erhalten, gelegentlich habe ihm der 63-Jährige "20 oder
höchstens 30 Euro" zum Ausgehen ins Gasthaus gegeben. Wenn er nach
der Mahlzeit noch Hunger hatte, habe es geheißen, dass es "nichts
mehr gibt". Deswegen habe er gelegentlich bei Nachbarn nach Essen
gefragt. Als er an seinen Beinen offene Verletzungen vom Tragen der Stiefel
hatte, habe der Bauer nur gesagt: "Einen gesunden Menschen ins
Krankenhaus fahren?" Andere Verletzungen habe er aber niemandem
gezeigt, so der ehemalige Knecht. Um ein zusätzliches medizinisches
Gutachten einzuholen und weitere Zeugen zu laden, wurde der Prozess
schließlich vertagt.