Zweiter Prozesstag
Brustkrebs-Arzt wg. fahrlässiger Tötung angeklagt
03.09.2008
Der Arzt soll einen Tumor übersehen und drei Tupfer vergessen haben - Eine Patientin ist schon tot. Jetzt sollen weitere Zeugen gehört werden.
Am Grazer Straflandesgericht wurde am Donnerstag der Prozess gegen einen Brustkrebs-Spezialisten fortgesetzt. Dem Arzt wird fahrlässige Körperverletzung, fahrlässige Tötung und die Fälschung von Beweismitteln vorgeworfen. Angeklagt sind zwölf Fälle, in denen der Mediziner nach Meinung eines Sachverständigen falsche Methoden angewendet hat. Der Arzt fühlte sich bisher nicht schuldig. Ihm droht im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren.
Vergessener Tupfer
Am zweiten Verhandlungstag war u.a. jene
Patientin als Zeugin geladen, deren Behandlung zur internen Überprüfung und
späteren Suspendierung des Arztes geführt hatte. Bei der 52-Jährigen war ein
Tumor entdeckt worden, den der Mediziner operierte. Doch die Wunde in der
Achselhöhle heilte nicht. Der Arzt hatte nämlich einen Tupfer vergessen.
Tumor übersehen
Der Frau ging es immer schlechter, sie
wechselte den Arzt, und der entdeckte einen weiteren Tumor. Bei der
Operation vier Monate nach der ersten zeigte sich auch der wahre Grund für
die Heilungsstörung: Im Körper der Frau hatten sich noch zwei weitere Tupfer
befunden. Durch die schlechte Wundheilung konnten bei der Patientin keine
Chemo- und Strahlentheraphien durchgeführt werden, was "zu einer
deutlichen Verschlechterung der Lebensprognose" führte.
53-jährige gestorben
Eine andere Patientin starb vier Jahre
nach seiner Behandlung. Nach Meinung des Sachverständigen hat der Arzt bei
der Operation nicht genügend Gewebe entfernt. Ob der Tod eine Folge der
Behandlung des Beschuldigten war, ließ sich vorläufig nicht mit Sicherheit
klären.
Falsche Methode
Die damals 53-jährige Patientin kam wegen eines
Tumors 2004 zum angeklagten Arzt. Er entfernte aber nicht die gesamte Brust,
sondern ließ Haut und Brustwarze übrig. Zugleich setzte er ein Implantat
ein, wodurch die Brust optisch trotz der OP kaum verändert war. Dem
Gutachter zufolge war das die falsche Methode, es hätte die gesamte Brust
entfernt werden müssen.
Bestrahlung unterlassen
Außerdem hätte die Frau bestrahlt
gehört, und durch das Implantat konnten wichtige Medikamente erst sechs
Wochen später verabreicht werden. "Die weitere Therapie hat die
Onkologie entschieden, damit habe ich nichts zu tun", wehrte der Grazer
Mediziner im Prozess die Vorwürfe ab. Die Frau erlitt ein Jahr später
einen Rückfall, vor kurzem ist sie gestorben.
Prozess vertagt
Am Abend ist der Prozess nach zwei
Verhandlungstagen vertagt worden. Es sollen weitere Zeugen geladen werden.
Bisher sind die meisten betroffenen Frauen vor Gericht zwecks Aussage
erschienen. Einige kamen nicht, teils weil sie zu krank sind oder auf
Urlaub. Nun will das Gericht noch die Aussage einer Patientin hören, deren
Krankengeschichte im Nachhinein verändert worden sein soll, außerdem sollen
noch Ärzte geladen werden. Der Prozess wird voraussichtlich im Oktober
fortgesetzt.