Unblutiges Ende der stundenlangen Polizeiaktion: Der 55-Jährige hatte niemanden in seiner Gewalt. Jetzt wird er psychiatrisch untersucht.
Eine angebliche Geiselnahme in St. Marein im Mürztal in der Steiermark ist Donnerstag Früh nach 20 Stunden unblutig beendet worden.
Zugriff der Cobra, Fotro: (c) APA
Einheiten der Polizeispezialeinheit Cobra stürmten gegen 4:00 Uhr das Mehrparteienhaus, in dem sich ein 55-jähriger Obersteirer verschanzt hielt. Der Mann konnte festgenommen werden.
Einsatzbesprechung der Cobra, Foto: (c) APA
Keine Geisel
Entgegen seinen Aussagen befand sich niemand in der
Gewalt des Mannes. Die Polizei war dagegen bis zuletzt von einer echten
Geiselnahme ausgegangen. Der Täter hatte behauptet, eine deutsche
Autostopperin in seiner Gewalt zu haben. Zudem hatte er gedroht, das
Mehrparteienhaus, in dem er sich verschanzt hatte, mit Gasflaschen in die
Luft zu sprengen.
In diesem Haus verschanzte sich der Mann, Foto: (c) APA
Keine Bomben
Auch das von dem Mann angedrohte Waffenarsenal war
ziemlich harmlos, "Sprengfallen", "Molotowcocktails" und
Gasflaschen wurden nicht gefunden, nur einige Flaschen Benzin. Die wollte er
angeblich gegen sich selbst verwenden, um eine Verhaftung zu vereiteln. Auch
die Propangasflaschen, mit denen er das Haus in die Luft zu sprengen drohte,
gab es nicht.
Wollte nur Aufmerksamkeit
Bei der Einvernahme durch die
Kriminalisten zeigte sich der Droher geständig. Er habe das erreicht, was er
erreichen wollte, nämlich Aufmerksamkeit, sagte er zu den Beamten. Nun könne
er die von ihm angeprangerte "korrupten Sachen von Justiz und
Staatsanwaltschaft" aufdecken.
Psychiatrisches Gutachten
Nach dem Verhör wurde der Täter in die
Justizanstalt Leoben eingeliefert und in Untersuchungshaft genommen. Nun
gibt die Staatsanwaltschaft ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag.
Aufgrund der Ergebnisse wird entschieden, ob es zu einer Anklage oder zu
einem Antrag auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme
Rechtsbrecher kommen wird.
"Landzwang" und "schwere Nötigung"
Sollte
es zu einer Anklage kommen, könnten die Delikte "Landzwang"
und "schwere Nötigung" angeklagt werden. Dabei ist die
Drohung im Landzwang bereits enthalten: "Wer die Bevölkerung oder
einen großen Personenkreis durch eine Drohung mit einem Angriff auf Leben,
Gesundheit, körperliche Unversehrtheit, Freiheit oder Vermögen in Furcht und
Unruhe versetzt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen",
so der Paragraf 275 im österreichischen Strafgesetzbuch.
Möglich wäre auch eine Anklage wegen "Vortäuschung einer Straftat", was allerdings in diesem Fall nicht sehr wahrscheinlich ist, weil es dabei auch darauf ankommt, ob sie mit einer Drohung verbunden ist.
Teurer Einsatz
Das Großaufgebot der Exekutive - insgesamt waren
100 Leute bis zu 20 Stunden im Einsatz - dürfte sich rein kostenmäßig auf
eine "jedenfalls fünfstellige Euro-Summe" belaufen, rechnet
man in der Sicherheitsdirektion. Dazu kommen starke Einheiten des Roten
Kreuzes und Notärzte sowie Assistenzkräfte der Feuerwehr.
Briefe an Fischer und Voves
Der Täter ist allein stehend und
berufstätig, zuletzt aber im Krankenstand gewesen. Er hat sich nach länger
zurückliegender Urteile wegen gefährlicher Drohung und Körperverletzung
ungerecht behandelt gefühlt und seine Tat schon länger geplant, um auf
seinen Fall aufmerksam zu machen. Der 55-Jährige schickte auch mehrere
Briefe an höher gestellte Persönlichkeiten, u.a. an den Bundespräsidenten
und den steirischen Landeshauptmann.
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