Der Obersteirer hatte eine Geiselnahme vorgetäuscht. Die Staatsanwältin fordert die Einweisung.
Der Geschworenenprozess um eine vorgetäuschte Geiselnahme hat am Dienstag planmäßig im Landesgericht Leoben begonnen. Ein 55-jähriger Obersteirer hatte heuer im Februar die Exekutive rund 20 Stunden in Atem gehalten, weil er behauptete, eine Geisel in seiner Wohnung festzuhalten. Er muss sich nun wegen Nötigung der Bundesregierung, Widerstand gegen die Staatsgewalt und gefährlicher Drohung verantworten. Seitens der Staatsanwaltschaft wird nur die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt.
Angeklagter wollte Anwalt nicht
Das Verfahren hatte kaum
Zuschauer angelockt, dafür waren umso mehr Justizwachebeamte im Einsatz, die
den Angeklagten streng bewachten. Der 55-jährige erklärte gleich zu Beginn,
dass er einen anderen Anwalt haben wolle. "Ich habe ihm Zeugen genannt,
die sind aber nicht erschienen, das ist nicht korrekt. Ich möchte mich
selbst verteidigen", meinte er. Nach langen Diskussionen mit dem
Gericht, erklärte er sich doch mit seinem Anwalt einverstanden.
Psychisch krank?
Die Staatsanwältin fasste sich in ihrem
Eröffnungsplädoyer kurz. Sie wies die Geschworenen vor allem darauf hin,
dass es in diesem speziellen Fall nicht um Schuld
und Strafe gehe, sondern um eine Einweisung des Beschuldigten aufgrund
seiner schweren psychischen Krankheit. Der Gutachter hatte eine paranoide
Wahnvorstellung diagnostiziert und außerdem auf die Gefährlichkeit des
Steirers verwiesen.
Der Auslöser für die ganze Sache war laut Anklägerin ein Vorfall im Jahr 2002, als der Obersteirer von den Stadtwerken wegen einer offenen Stromrechnung geklagt und schließlich zur Zahlung verurteilt wurde. Von da an gab er keine Ruhe mehr, bombardierte alle möglichen Personen aus Justiz und Politik mit Briefen. Er ortete wegen weiterer Verurteilungen eine massive Verschwörung gegen sich, wobei seine Anschuldigungen immer skurriler wurden. So warf er dem Landesgericht Leoben vor, in einen Kokainhandel verwickelt zu sein und Geld zu waschen, schilderte die Staatsanwältin.
Geiselnahme angekündigt
In einem Brief vom September 2008
kündigte er die Geiselnahme bereits an, was der Verteidiger allerdings nicht
so sah: "Wenn man das Schreiben liest, kann man es eigentlich nicht
ernst nehmen", meinte er. Mit dem Brief wollte der Angeklagte
erreichen, "dass sich die höchsten Stellen mit meinen Strafsachen
auseinandersetzen, das kann auch ein Parlamentsausschuss sein."
"Hatte Todesangst"
Die vorgetäuschte Geiselnahme sei
eigentlich erst für Juli geplant gewesen, schilderte der Angeklagte. Doch
eine erneute Vorladung bei der Polizei zwang ihn zu raschem Handeln. Es sei
sehr schwierig gewesen, die Polizei "20 Stunden ohne Geisel und Waffe"
hinzuhalten. Als die Cobra schließlich stürmte, "hatte ich
Todesangst". Um einen Schusswaffengebrauch zu verhindern, nebelte der
Obersteirer alles mit seinem Feuerlöscher voll.
"Wollten Sie einen Polizeibeamten als Geisel nehmen?", fragte Richter Peter Wilhelm - so etwas hatte der Angeklagte in einem Brief ja angekündigt. "Probieren Sie einen Polizisten als Geisel zu nehmen, wenn er eine Glock 17 eingesteckt hat", meinte der Befragte dazu nur.
Fortsetzung am Mittwoch
Die Einvernahme des Beschuldigten, der
sehr eloquent und über die verschiedenen Institutionen und Rechtsmittel
bestens informiert war, gestaltete sich als etwas langwierig. Er wollte vor
allem seine mitgebrachten Unterlagen vorlesen, der Richter zog eher eine
direkte Befragung vor. Die Verhandlung wird am Mittwoch um 9.00 Uhr im
Landesgericht Leoben mit der Befragung von Zeugen fortgesetzt.