Bitter
Gratiskindergarten sorgt für Tränen
25.04.2009
Der Erfolg des steirischen Gratiskindergarten für alle Drei- bis Sechsjährigen hat auch seine Schattenseiten: Bürgermeister kleiner Gemeinden berichten gegenüber ÖSTERREICH von einem derart großen Andrang, dass Kinder aus Nachbartorten „gefeuert“ werden müssen.
Indes dauert in der Stadt Graz das händische (!) Auszählen der Tausenden Anmeldungen länger als geplant. Erst im Laufe der kommenden Woche werden alle Mehrfachnennungen aussortiert sein. „Mir wurde berichtet, dass Kinder in bis zu 15 Einrichtungen parallel angemeldet worden sind“, schüttelt Jugendstadtrat Detlev Eisel-Eiselsberg (VP) den Kopf. Am Papier gibt es für rund 6.700 drei- bis sechsjährige Grazer 6.000 Betreuungsplätze.
Kein Platz mehr
Von diesen Dimensionen kann man in den
Landgemeinden nur Träumen: „Wir betreuten bisher rund 40 Kinder, vier davon
aus Umlandgemeinden“, erzählt ein Ortschef. Seit Einführung des
Gratiskindergartens „habe ich allein aus unserer Gemeinde mehr Anmeldungen
als Betreuungsplätze.“ Bittere Folge: „Ich muss den Eltern von auswärts
mitteilen, dass ihre Kleinen ab Herbst 2009 nicht mehr bei uns den
Kindergarten besuchen können“, seufzt der Bürgermeister. Dass die
betroffenen Kinder zum Teil seit zwei Jahren untergebracht sind und nun lieb
gewonnene Freunde und Tanten verlieren, bedauert der Politiker sehr. Aber:
„Es ist meine Pflicht, auf die Bürger meine Gemeinde zu achten.“ In der
Praxis können die Eltern nur hoffen, anderswo nachträglich einen
Kindergartenplatz zu ergattern. „Einen Rechtsanspruch gibt es derzeit
nicht“, bestätigt Roswitha Preininger, die Leiterin der zuständigen
Landesabteilung.
Run auf Ganztagesplätze
Ein weiteres Problem aus Sicht der
Ortskaiser sind die überbelegten Ganztagesplätze. „Etliche Eltern benötigen
in Wahrheit nur zwei oder drei Tage die Woche die Ganztagsbetreuung“, klagt
ein Kindergartenbetreiber. Konsequenzen? Keine. „Ich kann die Kinder doch
nicht einsperren, wenn sie ihre Eltern schon zu Mittag abholen wollen“,
seufzt der Pädagoge. Er muss in Kauf nehmen, dass Eltern, die den
Ganztagsplatz dringender benötigen würden, zu kurz kommen. Anzeigen liegen
laut Fachabteilung nicht vor.