Die Eltern eines sieben Jahre alten Mädchens, das im Oktober 2021 gestorben ist, sind am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht wegen grob fahrlässiger Tötung nicht rechtskräftig zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt worden.
Weder die 42-jährige Mutter noch der 55-jährige Vater wollten bemerkt haben, wie schlecht es dem Kind ging. Sie bekannten sich nicht schuldig, sahen am Ende aber unter Tränen ein, dass sie den Tod des Mädchens verhindern hätten können.
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Das Kind war vor zwei Jahren am 21. Oktober krank geworden und hat rund zehn Mal am Tag erbrochen. Für die Eltern sei das nichts Ungewöhnliches gewesen, schilderte die Verteidigerin, denn schon von Geburt an habe das Mädchen Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt gehabt. Bei jeder Verkühlung habe sie mehrmals am Tag erbrochen. Ein Corona-Schnelltest, den die Schülerin damals regelmäßig machen musste, sei stets negativ gewesen, versicherten die Eltern vor Gericht. Tatsächlich war die Kleine aber an einer älteren Version einer Corona-Infektion erkrankt.
Mutter: "Es war alles wie immer"
Am dritten Tag habe sich der Zustand der Kleinen zwar verbessert, sagte die Mutter unter Tränen zu Richter Andreas Lenz. Einen halben Tag später sei es aber wieder schlechter geworden. Das einzige, was ihr Kind zumindest für eine halbe Stunde bei sich behalten habe, sei Orangensaft mit Schwarztee gewesen. Das hätten sie ihr regelmäßig zu trinken gegeben, versicherte die 42-Jährige. "Es war alles wie immer", beteuerte sie immer wieder. In der Nacht auf den 25. Oktober sei das Mädchen dann aber aufgewacht und wenig später zusammengebrochen.
"Sie haben fünf Tage lang zugeschaut"
Als die Atmung des Kindes aussetzte, haben die Eltern den Notruf gewählt und mit der Wiederbelebung begonnen. Am Ende starb die Kleine an einem Multiorganversagen in Folge einer Dehydrierung in der Kinderklinik Graz, fasste Gutachter Reinhold Kerbl, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im LKH Leoben zusammen. Richter Lenz zeigte sich schockiert, dass die Eltern noch immer nicht begriffen hätten, dass sie den Tod verhindern hätten können, wenn sie das Mädchen früher medizinisch betreuen hätten lassen. "Sie haben fünf Tage lang zugeschaut", warf er ihnen vor.
Einsicht der Eltern unter Tränen
Laut Gutachter Kerbl hätte das Mädchen bereits am 22. Oktober in ärztliche Behandlung müssen, "allerspätestens aber am 24. Oktober" hätte den Eltern klar sein müssen, dass die Kleine intensivmedizinische Hilfe braucht. "Sogar drei Stunden vor der Schnappatmung hätte man ihr noch helfen können", sagte der ärztliche Leiter. "Mein Gott, das ist das Schlimmste. Wir hätten ihr noch helfen können und haben es nicht erkannt", brach die Mutter zusammen. Kerbl sprach von einer "fatalen Fehleinschätzung in dieser Situation".
Richter Lenz sprach beide Elternteile wegen grob fahrlässiger Tötung schuldig und verurteilte sie zu zehn Monaten Haft, die ihnen für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wird. Das Paar nahm sich nach der Urteilsverkündung drei Tage Bedenkzeit. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.