Der in die Enge getriebener Täter eröffnete das Feuer auf die Polizisten, um sich töten zu lassen.
Den Anfang nahm die spektakuläre Raubersgeschichte am Silvestertag um 13.10 Uhr in der Herrgottwiesgasse in Graz. Dort stürmt der 38-jährige Martin W. in das Europlay Sportwettencafé. Wie sich später herausstellen sollte, übrigens nicht das erste Mal. Schon am 19. Dezember hatte der Kleinkriminelle, der erst im Mai aus der Haft entlassen worden war, das Lokal heimgesucht.
Damals gelang ihm mit geringer Beute die Flucht, die Polizei war nach Veröffentlichung der Bilder aus der Überwachungskamera dem tätowierten Serien-Täter auf der Spur – als er am letzten Tag des Jahres wieder zu einem Coup schritt.
Gaspistole
Bei einem Gerangel mit dem Angestellten Harald S.
(28) löste sich ein Schuss aus der Gaspistole des Verbrechers. Christian
Maihold, Europlay-Geschäftsführer: „Der Räuber war übernervös mit dem Finger
am Abzug. Die Gasladung traf meinen Kellner mitten im Gesicht. Er liegt mit
schlimmen Schwellungen im Spital.“
Verfolgungsjagd
Der Räuber indes raste mit seinem blauen VW auf
der alten Bundesstraße Richtung Süden. Ihm folgten nach einer Alarmfahndung
mehrere Streifenwagen. Besonders dramatisch: Schon während der
Verfolgungsjagd zielte Martin W. immer wieder mit seiner täuschend echt
aussehenden Waffe auf seine Jäger.
Straßensperre
Zum Showdown kam es im 30 Kilometer von Graz
entfernten Weitendorf bei Wildon. Die Polizei hatte die Straße mit mehreren
quergestellten Einsatzfahrzeugen blockiert. Der 38-jährige Räuber musste
sich einbremsen.
Showdown
Die Beamten forderten ihn daraufhin auf, sich zu
ergeben: „Aussteigen, Hände hoch!“ Doch Martin W. dachte nicht daran –
sondern wollte sterben. Die Pistole im Anschlag feuerte er zweimal auf die
Polizisten, die nicht wissen konnten, dass es nur eine Gaspistole war und
daher die Schüsse erwiderten. Der mehrfach vorbestrafte Grazer erlitt einen
Bauchschuss – und starb an den Folgen.
Ein Projektil hatte Weichteile wie den Magen durchschlagen, das andere war von einer Rippe abgelenkt und dann seitlich aus dem Körper ausgetreten, berichtete der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher. Seiner Ansicht nach könnte auch ein "Suicide by Cop" (Selbstmord mit Hilfe eines Polizisten, Anm.) vorliegen. Dem mehrfach vorbestraften Räuber, der erst kürzlich aus der Haft entlassen und dem Drogenmilieu zugerechnet wurde, musste wohl bewusst gewesen sein, dass er mit seiner Gaspistole nichts ausrichten würde, außer einen Waffengebrauch zu provozieren.
LKA Kärnten ermittelt
Zwar seien laut Bacher keine konkreten
Hinweise auf eine Suizidabsicht gefunden worden, aber: "Wenn es so war, ist
es ein spontaner Entschluss gewesen." Die noch am Silvesterabend
durchgeführte Tatrekonstruktion habe die Darstellungen der Polizei
bestätigt: Der 38-jährige Wettcafe-Räuber war "offensiv" auf die Beamten
losgegangen und hatte mit der Gaspistole ein- oder zweimal geschossen.
Wie Bacher erklärte, gelte bei den Ermittlungen als Anfangsverdacht fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Umständen. Nach jüngsten Erkenntnissen haben zwei Polizisten von ihrer Dienstwaffe Gebrauch gemacht; vier Schüsse wurden abgegeben, zwei haben den mutmaßlichen Räuber getroffen. Wesentliche Aufschlüsse erwartet man sich von einem beauftragten ballistischen Gutachten. Mit den weiteren kriminalistischen Ermittlungen wurde das LKA Kärnten beauftragt, "um jeglichem Anschein von Befangenheit entgegenzuwirken", so der Sprecher der Anklagebehörde. Bereits am Samstag werde der Oberstaatsanwaltschaft Bericht erstattet - in derartigen Fällen eine Routineangelegenheit.