14-jährige Iranerin
Steirische Schule kämpft gegen Abschiebung
12.12.2006
Die 14-jährige Schülerin Shagojag Sharifi aus dem Iran, die mit ihrem Vater Rasul seit 2000 laut Direktor Georg Stadler "integriert" in der Obersteiermark lebt, soll nun abgeschoben werden.
Das Bundes- und Bundesrealgymnasium Leoben 1 "steht im Kampf gegen Abschiebung": Die Schule wandte sich am Dienstag mit Unterstützung der Nationalratsabgeordneten Hannes Missethon (V), Karl Dobnigg (S) und Barbara Zwerschitz (G) sowie engagierten Freunden der Familie, der AK und der Rechtsanwaltskanzlei Kropiunig & Kropiunig an die Öffentlichkeit - und an Innenministerin Liese Prokop (V).
Hauptschule mit Vorzug abgeschlossen
Vor sechs Jahren floh der
38-jährige Rasul Sharifi mit seiner Tochter Shagojag aus dem Iran. Über
Italien gelangten sie nach Österreich. In Leoben lebten die beiden völlig
integriert, so Stadler. Sharifi absolvierte acht Deutschkurse, seine Tochter
die Volks- und Hauptschule in Leoben - letztere schloss sie mit Vorzug ab.
Der Direktor beschrieb das Mädchen als engagierte Schülerin: "Sie ist eine
Bereicherung für die Schule, beide ein Musterbeispiel für gelungene
Integration. Das Mädchen spricht ein nahezu perfektes Deutsch."
Proteste gegen Abschiebung
Die beiden hätten in Leoben Freunde
gefunden, so der Direktor. Man hätte Unterschriften gegen eine Abschiebung
gesammelt, in einem Lichterketten-Schweigemarsch wolle man ebenso auf den
Fall aufmerksam machen. Ein regionaler Unternehmer erklärte, Rasul Sharifi
mit einer gültigen Arbeitserlaubnis sofort einzustellen. Die Abgeordneten
Missethon und Zwerschitz zeigten sich voll des Lobes über Vater und Tochter.
Humanitäre Gründe sprechen gegen Ausweisung
Ende
November erhielt Sharifi den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates,
mit dem zum zweiten Mal die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrages
abgelehnt wurde. Erhebungen hätten keine Hinweise darauf ergeben, dass das
Asylverfahren in Italien nicht menschenrechtskonform sei. Das will
Rechtsanwalt Michael Kropiunig so nicht stehen lassen: Nach dem Dubliner
Übereinkommen könne ein Staat in die Prüfung eines Asylantrages trotz
vertraglicher Zuständigkeit eines anderen Staates jederzeit eintreten, so
der Advokat. "Dieser rechtliche Spielraum wird von österreichischen
Asylbehörden nicht genutzt." Ein psychologisches Gutachten würde belegen,
dass die Abschiebung massive Störungen in der Entwicklung der 14-Jährigen
nach sich ziehen würde. Das sei daher auch aus humanitären Gründen
abzulehnen.
Verfassungsgerichtshof prüft
Der Verfassungsgerichtshof
müsse nun prüfen, ob es als Rechtsverweigerung bzw. Willkür anzusehen ist,
wenn sich eine österreichische Behörde nach jahrelanger Säumnis auf eine
reine Formalentscheidung zurückzieht und die inhaltliche Prüfung eines
Asylantrages ablehnt. Bis zur Entscheidung werden die beiden nicht
abgeschoben - diese soll in einigen Monaten vorliegen. In der Zwischenzeit
will die Schulgemeinschaft an Innenministerin Liese Prokop (V) appellieren,
den Asylantrag der Familie in Österreich prüfen zu lassen.
Per Schlepper nach Österreich
Vater und Tochter gelangten
bei ihrer Flucht mit Hilfe von Schleppern über Italien nach Österreich, wo
er den Asylantrag stellte. Dieser wurde sowohl vom Bundesasylamt als auch
vom Unabhängigen Bundesasylsenat mit der Begründung zurückgewiesen, dass
Italien zur Prüfung zuständig sei. Gegen diesen Bescheid brachten die
Anwälte 2001 eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde ein. Der Fall ging an den
unabhängigen Bundesasylsenat zurück, der nun eine Prüfung erneut ablehnte.