Das Bundesministerium für Gesundheit bestätigt zwei Fälle in Graz. "NDM-1" ist resistent gegen Antibiotika.
Das Superbakterium "NDM-1" ist in Österreich angekommen. Das Bundesministerium für Gesundheit bestätigt zwei Fälle am Uniklinikum Graz. Es wurden Infektionen mit Darmbakterien festgestellt wurden, welche auch gegen das Spitalsantibiotikum Carbapenem resistent waren.
Dies durch das Vorhandensein des "NDM-1"-Enzyms. Derartige Bakterien dürften ursprünglich aus Indien und Pakistan stammen. "Weltweit treten immer wieder multiresistente Keime auf. So auch an unserem Universitätsklinikum. Das ist nichts Neues", sagte der ärztliche Leiter der Grazer Universitätsklinik/LKH, Gernot Brunner.
Patient aus Kosovo noch in Behandlung
"An der Medizinischen
Universität Graz wurde bei einer aktuell durchgeführten Untersuchung von
multiresistenten (Carbapenem-resistenten) Patientenisolaten mittels
molekularer Untersuchungstechniken nun erstmals dieses neue Resistenzgen
("NDM-1") bei zwei Patienten nachgewiesen. Beide haben nach den bisherigen
Untersuchungen die Bakterienstämme in Krankenhäusern im Ausland erworben.
Die beiden Patienten sind bzw. waren im Uniklinikum Graz in Behandlung. Bei einem der beiden Fälle handelt es sich um eine Person aus Pakistan, die im vergangenen Jahr im Uniklinikum Graz behandelt wurde und gesund entlassen wurde. (...) Bei dem zweiten Fall handelt es sich um eine Person aus dem Kosovo, die derzeit im Uniklinikum Graz noch medizinisch betreut wird", hieß es in einer Aussendung des Gesundheitsministeriums.
NDM-1-Keime mitgebracht
Die dahinter liegende Geschichte, so
Brunner: "Wir hatten bisher zwei Patienten. Sie kamen allerdings nicht wegen
der Infektionen zu uns. Der erste war ein 30-jähriger Österreicher, der in
Pakistan einen Motorradunfall hatte und dort operiert wurde. Er wurde vor
einigen Monaten bei uns behandelt. Bei dem zweiten handelt es sich um ein
14-jähriges Kind, das im Kosovo primär operiert wurde und dann von uns
übernommen wurde."
Auch dieser Patient hätte die "NDM-1"-Keime sozusagen "mitgebracht". Der ärztliche Leiter der Klinik in Graz: "Die Behandlung erfolgt nach den Richtlinien. Durch die bei uns getroffenen Maßnahmen besteht weder für andere Patienten noch für Beschäftigte eine Gefahr."
Bisher ein Todesopfer
"NDM-1" hat in Europa bisher ein
Todesopfer gefordert. In Belgien starb Mitte August ein Mann an dem
Superkeim. Der Mann sei in Pakistan am Bein verletzt und dort auch behandelt
worden. In Brüssel habe sich das Bakterium als "schrecklich
resistent" gegen praktisch alle Antibiotika erwiesen.
Die "NDM-1"-Problematik wurde in der jüngsten Vergangenheit zunächst in Großbritannien zu einem Medienthema. Wissenschafter haben in einer Publikation in "The Lancet Infectious Diseases" vom Auftauchen solcher Bakterien in Indien, Pakistan und Großbritannien berichtet. Insgesamt waren in 36 Kulturen von Patienten solche multiresistenten E. coli und Klebsiella-Stämme gefunden worden.
Nur wenige Antibiotika zur Verfügung
Allerdings ist das zwar
bemerkenswert, für Experten aber keine besondere Überraschung. Der
niederösterreichische Bakteriologe Michael Sturm: "Ich würde das nicht
überbewerten." Eine Problematik könnte sich allerdings ergeben, wenn das
Resistenzgen auf andere Bakterien, zum Beispiel Streptokokken, überwechsle.
Dazu auch Petra Apfalter von der Nationalen Referenzzentrale für Antibiotikaresistenz in Linz: "Unangenehm ist, dass man dann nur wenige andere Antibiotika zur Behandlung zur Verfügung hat." Die aber gibt es mit dem neueren Spitalsantibiotikum Tigecyclin und dem Antibiotikum Colistin, das nur im Darm wirkt und nicht in den Körper aufgenommen wird, durchaus. Petra Apfalter: "Die österreichischen Labors schauen schon seit Jahren routinemäßig auf solche Entwicklungen." Und wenn man nachforsche, finde man solche Bakterien eben früher oder später. Wichtig sei es, sie unter Kontrolle zu halten.
Antibiotika wird abgebaut
Das Neu Delhi
Metallo-Beta-Laktamase-Gen-1 (NDM-1) ist für die Produktion eines speziellen
Beta-Laktamase-Gens in den Bakterien verantwortlich, welches Antibiotika
"knackt" bzw. abbaut. Um zu vermeiden, dass sich resistente Stämme in
Österreich etablieren hat das Gesundheitsministerium empfohlen, bei
Patienten nach Reisen in Indien und Pakistan und allen anderen Patienten,
die zu Verdacht Anlass geben, angemessene krankenhaushygienische Maßnahmen
einzuleiten und ein Screening bei diesen Personen und deren engen
Kontaktpersonen vorzunehmen.