Buchhändlerin stellt sich Polizei. Sie weint: 'Es ist einfach passiert!'
Erst seit einem halben Jahr waren sie zusammen: Der zuletzt arbeitslose Werber Gerold A. und Susanne B., die so gerne eine Karriere wie Christl Stürmer gemacht hätte: Als Mitarbeiterin einer Buchhandlung in Linz nebenbei eine Gesangsausbildung machen und danach als Sängerin von Pop bis Metal durchstarten.
Aus dem Traum ist derweil nichts geworden – und dann wurde Gerold auch noch arbeitslos. Dennoch ging er in ihren Augen mit seinen finanziellen Mitteln viel zu fahrlässig um. Laut Aussagen der 22-Jährigen kam es deswegen Mittwochabend im Haus in Geitenedt, das der Vater der Frau dem Paar zur Verfügung gestellt hatte, zum Streit.
Im Schrank
Dabei hatte die Buchhändlerin „plötzlich die Schrotflinte in der Hand“ bzw. „aus dem Schrank genommen“, wie Sicherheitsdirektor Alois Lißl bestätigt. Das Jagdgewehr gehört Susanne selbst, es war legal erworben – und der Schuss soll sich beim Hantieren „unabsichtlich“ gelöst haben.
Handy im Auto
Für diese Unfallversion (ohne Tötungsabsicht) spricht, dass die junge Frau sofort per Handy – das im Auto vor dem Haus lag – die Rettung alarmierte und danach nach Linz fuhr, um sich dort am Wachzimmer Nietzschestraße zu stellen. Offenbar dürfte Susanne bis zu den Verhören nicht gewusst haben, wie schlimm es um ihren Lebensgefährten steht.
Wie die Ärzte gegenüber ÖSTERREICH erklären, war von außen nicht das ganze Ausmaß des Treffers aus nächster Nähe zu sehen. Erst beim Aufprall auf den Kiefer teilte sich die Schrotladung in unzählige Mini-Projektile, die eine verheerende Wirkung entfalteten: Lebensgefahr!
Hemmungslos
Als die junge Frau von den Polizisten erfuhr, wie es um Gerold steht, fing sie hemmungslos zu weinen an. Die Vernehmung wurde abgebrochen. Danach wurde Susanne in die Justiz überstellt, wo über die U-Haft für die 22-Jährige entschieden wird. Die Kripo indes ist weiter mit den Ermittlungen beschäftigt, ob die Angaben der Schützin der Wahrheit entsprechen – oder ob sie doch absichtlich auf ihren Freund gefeuert hat.
Opfer in Lebensgefahr
Es war nur Schadensbegrenzung, was die Ärzte am Linzer AKH in einer 2-Stunden-Not-OP vornehmen konnten. Jetzt kämpfen sie um das Leben von Gerold A. Ob der 27-Jährige die schweren Kopf- und Gesichtsverletzungen, die das Projektil aus Schrot angerichtet haben, überlebt, ist nicht absehbar. Es besteht höchste Lebensgefahr.
„Das linke Auge ist nicht mehr vorhanden, der Oberkiefer völlig zerstört, ebenso die linke Nasen- und Augenhöhle“, erklärt DDr. Michael Malek, Primar der Abteilung für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie die CT-Aufnahme. „Die Kugeln drangen durch die vordere Schädelbasis ins Gehirn vor.“ Laut Malek wird Gerold A. auf jeden Fall Gehirnschäden davontragen, das Ausmaß sei jedoch nicht abschätzbar. „Bei einem jungen Patienten kann sich einiges erholen.“
Haut erhalten
Der Schuss, der aus nächster Nähe abgegeben wurde, war rechts im Bereich der Unterlippe eingedrungen. Dort verteilten sich die Schrotpartikel, zerstörten unter der Gesichtshaut das Knochenskelett. Weichteile und Haut darüber blieben teils unversehrt.