Urteil nicht rechtskräftig. 27-Jähriger sagt, Dolmetscher hätte falsch übersetzt.
Der Prozess gegen einen 27-Jährigen wegen des Vorwurfs des Mordes ist am Mittwoch am Landesgericht Innsbruck mit einem Schuldspruch zu Ende gegangen. Der Angeklagte wurde zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Dem Mann wurde vorgeworfen, im Syrien-Krieg mindestens 20 verletzte und wehrlose Soldaten der gegnerischen Truppen erschossen zu haben.
Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig. Die Verhandlung musste nach Anfällen des Angeklagten zwei Mal, einmal im Februar und einmal im März diesen Jahres, vertagt werden. Die Geschworenen sprachen den 27-Jährigen mit fünf zu drei Stimmen schuldig. Dieser hatte sich zu Prozessbeginn nicht schuldig bekannt. Sein Geständnis vor Beamten des Landesamtes für Verfassungsschutz, auf das sich die Anklage gestützt hatte, sei auf einen Übersetzungsfehler des Dolmetschers zurückzuführen, hatte sich der Beschuldigte verteidigt.
Der Dolmetscher betonte jedoch vor dem Geschworenengericht, dass der 27-Jährige die Aussagen tatsächlich getätigt habe. "Er hat erzählt, dass er schwer verletzte Soldaten erschossen hat. Ich habe sogar noch einmal nachgefragt und er hat es bestätigt", sagte der als Zeuge geladene Dolmetscher. Zum Schluss der Vernehmung sei das Protokoll auch noch einmal rückübersetzt worden und der Angeklagte habe jede einzelne Seite davon unterschrieben.
Der 27-Jährige soll als Mitglied einer Untergruppierung der "Freien Syrischen Armee" gegen die Assad-Truppen gekämpft haben. Der Beschuldigte, der vor seiner Flucht in einem palästinensischen UNO-Flüchtlingsquartier in Syrien gelebt hatte, hatte am ersten Verhandlungstag im Februar vor dem Geschworenengericht beteuert, niemanden getötet zu haben. Da er und seine beiden Brüder aber an Demonstrationen gegen das Regime teilnahmen, hätten sie als Oppositionelle gegolten und seien verfolgt worden. "Das Regime hat meine Brüder umgebracht. Ich hatte eine Waffe, um meine Familie und mich zu verteidigen", so der 27-Jährige.
Staatsanwalt Thomas Willam sprach in seinem Schlussplädoyer von einer "erdrückenden Beweislage". Der Angeklagte habe das Geständnis aus freien Stücken abgelegt, weshalb dieses das "beste und griffigste" Beweismittel sei, so der Staatsanwalt. Zudem habe er bei der polizeilichen Einvernahme auf wiederholtes Nachfragen der Beamten mehrmals bestätigt, dass er diese Menschen tatsächlich erschossen habe.
Doch genau jene Vernehmung kritisierten die beiden Verteidiger des Beschuldigten. Sie warfen den Beamten Defizite bei der polizeilichen Einvernahme und im Ermittlungsverfahren vor. "Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was im Protokoll steht, und dem, was der Angeklagte tatsächlich gesagt hat", meinte einer der Rechtsanwälte in Richtung der Geschworenen.