Steigende Milchpreise und Lieferstopps
Teuerung: Jetzt werden Milchprodukte knapp
21.04.2022Aufgrund des Kostenanstiegs um 30 Prozent kündigen Molkereien bereits einen vorsorglichen Lieferstopp an.
Die nach Berglandmilch zweitgrößte Molkerei Österreichs, die NÖM mit Sitz in Baden, warnt vor stark steigenden Preise bei Milch und Milchprodukten. Der Preis für einen Liter Rohmilch sei bereits um mehr als 10 Cent gestiegen, das sei ein Kostenanstieg um 30 Prozent, teilte NÖM-Vorstand Alfred Berger am Donnerstag per Aussendung mit. Gegenüber dem Lebensmittelhandel kündigte er "vorsorglich Lieferstopps von bestimmten Produkten" an.
Welche Produkte das sind, ließ NÖM in der Aussendung offen. Berger berichtete aber von Engpässen bei Verpackungsmaterialien und Fruchtzubereitungen. Bei letzteren ist Agrana Marktführer. Solche Fruchtzubereitungen finden sich etwa in Joghurts.
"Durch die derzeitige Preisgestaltung werden wir daher aktiv ins Sortiment eingreifen müssen. Bei Himbeeren gibt es den 3-5-fachen Preis aber keine Garantie für die Ware. Das ist für alle Beteiligten ein neues Spiel", sagte Berger. Dazu komme, dass Angebote oft nur eine Gültigkeit von wenigen Tagen hätten. "Diese Anspannung überträgt sich weiter auf unsere Handelspartner, die einen professionellen Umgang von uns gewohnt sind. Eine Ankündigung eines möglichen Lieferstopps bei einzelnen Produkten bleibt damit unumgänglich", so Berger.
Leere Regale, um Druck auszuüben
Die Nervosität im Lebensmittelhandel ist derzeit hoch. Durch die steigenden Preise und die unterschiedlich starken Verhandlungspositionen entlang der Wertschöpfungskette ist der gesamte Markt in Bewegung geraten. Ein Lebensmittel-Produkt geht durch viele Hände, bis es im Supermarktregal landet. Die daran beteiligten Unternehmen - vom Bauer bis hin zu den verarbeitenden Unternehmen, den Großhändlern und den Supermärkten - versuchen, ihre Marktanteile und Handelsspannen trotz höherer Kosten zu halten. Teils bleiben Regale auch leer, um Druck auszuüben.
Die hohen Energiepreise schlagen sich in der Lebensmittelproduktion auch unterschiedlich stark nieder - etwa durch Düngemittel, Transporte oder in der Verarbeitung. Die NÖM setzt für die Pasteurisierung der Milch beispielsweise Erdgas ein. "Die Steigerung der Energiepreise, besonders bei Gas, sind enorm. Diese nehmen Dimensionen an, die in keinem Plan eingepreist sind und zu harten Maßnahmen, und damit in letzter Konsequenz zu Veränderungen im Sortiment führen", schilderte Berger. Die NÖM sei zu 100 Prozent von Gas abhängig, würde der Gashahn abgedreht, würde der Betrieb stillstehen und auch keine Rohmilch von den Bauern abgeholt werden.
Allein wegen des Anstieg des Milchpreises um über 10 Cent pro Liter Rohmilch rechnet die NÖM heuer mit mehr als 40 Mio. Euro an Mehrkosten. Dies dürften auch die Konsumentinnen und Konsumenten zu spüren bekommen. Der Preisanstieg bei Rohmilch wirkt sich auf die verschiedenen Milchprodukte unterschiedlich aus. Besonders betroffen sind Käse und Butter. Für einen Kilo Hartkäse braucht man zwischen 10 und 15 Liter Rohmilch, für einen Kilo Butter sind es rund 20 Liter Rohmilch.