Tierschützer: Start für Monsterprozess
27.02.2010
Unglaubliche 119 Zeugen will die Anklage aufbieten, um die Schuld der
Aktivisten zu beweisen. Diese wiederum vermuten eine Strafaktion.
Am Dienstag startet am Landesgericht Wr. Neustadt der Prozess gegen 13
Tierschützer – mit insgesamt 200.000 Aktenzeichen, Hunderten Zeugen und
Verhandlungen bis mindestens Mitte des Jahres wird es ein rekordverdächtiges
Verfahren.
Auch die Causa, die verhandelt wird, ist mehr als aufsehenerregend. Denn auf
der Anklagebank sitzen gleich 13 Tierschützer, die erstmals nach dem
sogenannten „Mafia-Paragrafen“ 278a des Strafgesetzbuches angeklagt sind.
Dies bedeutet: Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, Mitglieder einer
kriminellen Organisation zu sein oder doch zumindest Förderer. Denn bestraft
wird nach Paragraf 278a eben auch, wenn man wissentlich mit legalen
Handlungen illegale Aktionen unterstützt hat. ÖSTERREICH hat mit dem
prominentesten Angeklagten, dem Obmann des Vereins gegen Tierfabriken,
Martin Balluch, gesprochen.
ÖSTERREICH: Am Dienstag startet der Prozess. Mit
welchen Erwartungen gehen Sie in die Verhandlung? Martin
Balluch: Zumindest mit sehr gemischten Gefühlen. Einerseits hat
dieses Ermittlungsverfahren nach dreieinhalb Jahren endlich ein Ende.
Andererseits erwarten uns da sehr seltsame Dinge. ÖSTERREICH:
Was meinen Sie damit konkret? Balluch: Im Prozess
wirft man mir ja keine kriminellen Handlungen vor. Ich habe auch keine
begangen. Man sagt nur, ich hätte legale Handlungen gesetzt, damit
aber indirekt mir unbekannte Personen dazu motiviert, strafbare
Handlungen zu begehen. ÖSTERREICH: Sie haben zum
Beispiel in Tierfabriken gefilmt. Warum haben Sie das überhaupt getan? Balluch:
Es ist meine Aufgabe als Tierschützer, dort hinzugehen und zu filmen.
Ich verstehe es als eine Art Pressearbeit: Wir verbreiten Fakten über
den Zustand in solchen Fabriken, damit die Menschen eine Entscheidung
treffen können, ob sie das wollen. ÖSTERREICH: Vermuten
Sie hinter der Anklage gegen Sie politisches Kalkül? Balluch:
Das glaube ich schon. Man hat dreieinhalb Jahre nach einer Straftat
gesucht, die man mir anhängen kann. Gefunden hat man nichts. Um das
Gesicht nicht zu verlieren, gibt es nun diese zusammengestückelte
Anklage. Schon dieser riesige Prozess ist eine Strafaktion gegen uns –
sie wollen uns damit ausschalten. ÖSTERREICH: Rechnen
Sie mit einem Freispruch? Balluch: Ich fürchte, dass es
einen Schulterschluss der Justiz geben könnte. Nach jahrelanger
Ermittlungsarbeit müssten sie eigentlich sagen: Wir haben nichts
gefunden, es waren die Falschen. Aber dafür haben sie nicht das
Rückgrat.
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