Tirol
NS-Opfer: Südtiroler unter Toten vermutet
10.01.2011
Südtirol entsendet ein eigenes Mitglied in die Experten-Kommission.
In dem im Zuge von Erweiterungsarbeiten für das Psychiatrische Krankenhaus in Hall entdeckten Massengrab aus der NS-Zeit vermutet Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) auch Südtiroler Opfer. Aus diesem Grund wird ein eigenes Mitglied in die mit der Aufarbeitung befasste Experten-Kommission entsendet. Als Vertreterin wurde Christine Roilo, Direktorin des Südtiroler Landesarchivs, ausgewählt, kündigte Durnwalder am Montag bei der Pressekonferenz nach der Regierungssitzung an.
220 Euthanasie-Opfer
Nachdem wahrscheinlich auch Südtiroler unter den Leichen seien, habe das Land Südtirol großes Interesse daran, die Geschichte des Gräberfeldes lückenlos aufzuarbeiten, sagte Durnwalder. Nach Bekanntwerden des Grabes mit möglicherweise 220 Opfern des NS-Euthanasieprogrammes in Hall hatte sich sein Nordtiroler Amtskollege Günther Platter (ÖVP) "zutiefst erschüttert" gezeigt. Das Land Tirol bekenne sich zu seiner historischen Verantwortung. Platter kündigte deshalb an, eine Experten-Kommission zur Aufarbeitung ins Leben zu rufen.
Platter: "Sorgsam durchleuchten und aufarbeiten"
"Dieses dunkle Kapitel der Geschichte muss jetzt sorgsam durchleuchtet und aufgearbeitet werden", erklärte Platter. Das sei man den Opfern und Angehörigen schuldig. Das Land Tirol als Eigentümer des Krankenanstaltenbetreibers "TILAK" habe deshalb angeordnet, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Geschichte dieses Friedhofs vollständig aufzuarbeiten. Auch die damalige Vorgehensweise der Verantwortlichen müsse geklärt werden, "hier darf nichts vertuscht werden", betonte Platter. Die unabhängige Experten-Kommission solle Licht ins Dunkel bringen.
Geplantes Bauprojekt gestoppt
Das Gräberfeld befindet sich im Bereich der Psychiatrie des Landeskrankenhauses in Hall. Ein dort geplantes Bauprojekt ist am Montag gestoppt worden. Bisher gab es keine Grabungsarbeiten. Im März soll die Bergung der 220 Leichen aus einem NS-Gräberfeld in Hall im Rahmen eines für zwei Jahre angesetzten Projektes starten. Ein wesentliches Ziel sei dabei die Identifizierung der Leichen und die Klärung Todesursache.