Urteil
Schizophrener Tiroler nach Messerstich in Anstalt
04.09.2007
Mit der Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher hat der Schwurgerichtsprozess gegen einen 23-jährigen Tiroler geendet.
Im Jänner diesen Jahres hat der Tiroler einer Verkäuferin wortlos eine zehn Zentimeter lange Klinge in den Rücken gerammt. Die Geschworenen beurteilten die Tat mit 6:2 Stimmen als Mordversuch. Der Verteidiger des schizophrenen Mannes berief gegen die Entscheidung.
Bis Urteil rechtskräftig wird auf freiem Fuß
Der
Beschuldigte hatte sich nach einer Panne bei Gericht seit Mai auf freiem Fuß
befunden. Der vorsitzende Richter Josef Geisler äußerte am Schluss der
Verhandlung seinen Unmut über die diesbezügliche Gesetzeslage. Er finde es
"äußerst unbefriedigend", dass auch gefährliche Personen nach einer
irrtümlichen Überschreitung der Haftfrist entlassen werden müssen. Bis das
Urteil rechtskräftig wird, befindet sich der Angeklagte weiterhin in
Freiheit. Der junge Mann aus Wörgl sei nach wie vor gefährlich, hatte die
Sachverständige Karin Treichl vor Gericht ausgeführt. Er spreche trotz
moderner Medikamente auf die Therapie nur mangelhaft an und höre nach wie
vor Stimmen, auch unabhängig von einer Belastungssituation.
Wahnvorstellungen
Der Tiroler habe der Verkäuferin die Klinge mit
heftiger Wucht in den Rücken gerammt, hatte Staatsanwältin Andrea Klammer
erklärt. Wenn das Messer nicht durch einen Brustwirbel abgelenkt worden
wäre, hätte die Verletzung tödlich geendet. "Ich habe mir gedacht, ich gehe
so weit wie ich gehen muss", hatte der 23-Jährige bei seiner gerichtlichen
Einvernahme ausgesagt. Treichl stellte beim Angeklagten eine paranoide
Schizophrenie fest. Zum Tatzeitpunkt habe er akustisch und optisch
halluziniert. Er selbst gab an, dass er Stimmen ähnlich einem Radiorauschen
gehört hatte. Er habe den genetischen Code eines aussterbenden
Indianerstammes beschützen wollen, beschrieb er seine Wahnvorstellungen.
Opfer leidet an posttraumatischer Belastungsstörung
Zwei
Männer überwältigten den 23-Jährigen nach dem Messerstich und rangen ihn zu
Boden. Das Opfer, das dem Täter völlig unbekannt war, leidet nach wie vor an
schweren posttraumatischen Belastungsstörungen, gab die Sachverständige an.
Sie habe Todesängste und traue sich nicht mehr außer Haus zu gehen.
"Flashbackartig" würden sich immer wieder die Szenen der Attacke wie in
einem Film abspielen. Als der Täter im Mai wieder freikam, sei die
Verkäuferin zusätzlich traumatisiert worden. Hinzu seien Suizidgedanken
gekommen und Wut über das Versagen des Rechtssystems.