Zwe Tage nach dem Tod erzählt Tonis jüngerer Bruder Rudi in bewegenden Worten vom traurigen Abschied und vom harten Kampf gegen die Krankheit.
ÖSTERREICH: Vor zwei Tagen ist Ihr Bruder verstorben. Wie gehen
Sie mit der Trauer um?
Rudi Sailer: Es ist nicht leicht für uns.
Ich erinnere mich an all die schönen Zeiten, die wir gemeinsam erlebt haben.
Das hilft mir ein wenig.
ÖSTERREICH: Wie haben Sie ihn in Erinnerung?
Sailer:
Toni war immer für mich da, einen besseren Bruder wie ihn kann man sich
nicht vorstellen.
ÖSTERREICH: Wie schlecht ist es ihm am
Schluss gegangen? Wie haben Sie die letzte Tage erlebt?
Sailer:
Er hat zum Schluss immer weniger Kraft gehabt und ist in der Uniklinik
Innsbruck gelegen. Zum letzten Mal hab ich ihn am vergangenen Freitag
wirklich gesehen. Ich bin zu ihm in die Klinik gefahren, es ging ihm aber
schon sehr schlecht. Ich bin zu ihm zum Krankenbett. Er hat mich trotz
seines schlechten Zustands erkannt und hat mich wie ein kleines Kind zu sich
gedrückt und ein letztes Mal „Rudai“ genannt.
ÖSTERREICH:
Wie ging es weiter?
Sailer: Ich bin dann noch einmal am Sonntag
zu ihm gefahren. Sein Zustand hat sich wieder verschlechtert, er hat keine
Bewegungen mehr gemacht. Ich hab mich aber darauf konzentriert, seine Frau
Hedwig zu unterstützen. Sie war ununterbrochen bei ihm und hat meine Hilfe
benötigt.
ÖSTERREICH: Wie ist Ihr Bruder letztlich
gestorben?
Sailer: Er hatte Bauchspeicheldrüsen-Krebs im
Endstadium. Es war schon am Sonntag nur noch eine Frage der Zeit, wann das
Geschwür aufplatzt. Am Montagabend ist es passiert.
ÖSTERREICH:
Wie geht es seiner hinterbliebenen Frau Hedwig?
Sailer: Es geht
ihr halbwegs. Sie hat sich für ihn die ganzen Jahre lang aufgeopfert. Ohne
sie hätte er diese schreckliche Krankheit nicht so lange überstanden. Hedwig
hat ja als Sterbehelferin Tonis erste Frau gepflegt, dann ist sie bei Toni
geblieben. In den letzten Tagen war sie 24 Stunden für ihn da. Sie ist sogar
aufgeschreckt, als er kurz gehustet hat. Hedwig war das größte Glück für ihn
überhaupt, hat ihm immer zugeredet.
ÖSTERREICH: Toni
Sailer war als Optimist bekannt.
Sailer: Das stimmt. Seit der
Tumor-Diagnose vor vier Jahren war mein Bruder äußerst tapfer und positiv.
Nach außen hin hat sich Toni niemals etwas anmerken lassen – auch wenn er ab
und an ein Tief hatte. Die Behandlung hat ihn nämlich schon mitgenommen. Er
musste lange Zeit Cortison nehmen. Das hat ihn mächtig geärgert, weil er
aufgeschwemmt wurde. Er hat gekämpft wie eine Löwe.
ÖSTERREICH:
Bis zuletzt ist er auch öffentlich aufgetreten.
Sailer: Ja,
bei der Premiere des Sommertheaters in St. Margarethen hat er schon
Bauchspeicheldrüsen-Krebs im Endstadium gehabt. Trotzdem hat er sich in die
Öffentlichkeit gewagt und so getan, als ob alles in Ordnung wäre. Andere
würde so etwas nicht schaffen, Toni war aber stark genug dafür. Nur sein
Optimismus hat ihn so lange leben lassen.
ÖSTERREICH: Was
war die Kraftquelle Ihres Bruders? Hatte er eigene Rituale?
Sailer:
Er hat einfach eine große organische Kraft gehabt. Die hat er von unserem
Vater geerbt, der auch an einem schweren Krebs gestorben ist. Diese Kraft
liegt einfach in der Familie. Ich glaube, seine starken Organe und sein
ewiger, eiserner Wille waren über die Jahre hinweg immer seine Kraftquellen
– vor allem in Zeiten dieser schlimmen Krankheit.
ÖSTERREICH:
Wie hat sich das geäußert?
Sailer: In seiner
unendlichen Stärke. Sein größter Wunsch war, dass wir noch einmal gemeinsam
Skifahren gehen. Wir wollten das im März machen, aber er hat abgesagt. Er
sagte, „Verschieben wir das, es geht jetzt nicht.“
ÖSTERREICH:
An welche gemeinsamen Erlebnisse aus Ihrer Kindheit erinnern Sie sich?
Sailer:
Es gibt viele lustige Erlebnisse. Einmal haben wir einen Trainingskurs an
einem Freitag belegt. Unser Vater hat uns das verboten und wir mussten
zuerst arbeiten. Erst am Samstag waren wir dann auf der Piste. Das hat Toni
so geärgert. Aber es zeigt seine große Liebe zum Sport.