Fall der Woche

Wie Leons Vater selbst ins Visier kam

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Die Suche nach einem Phantom, das Leon auf dem Gewissen hat, führte – zum Vater des toten 6-Jährigen. 

Tirol. Es gibt genau zwei Versionen, was sich an jenem Morgen um 5 Uhr in der Früh auf einem Fußweg in St. Johann zugetragen haben KANN. Zuerst die Version des 38-jährigen Florian A. aus Waidring – Titel: Der Überfall. In dieser Erzählung wird der aus Bayern stammende Fitness-Coach, der mit seinem schwer behinderten Sohn im Kinderbuggy unterwegs ist (um den Buben, der aufgrund seiner Erkrankung bis zu 20 Mal in der Nacht aufwacht, zu beruhigen), als er von einem Unbekannten mit einer Flasche, die dabei zerbirst, niedergeschlagen und ausgeraubt wird. Die Polizei kann später die Flasche rekonstruieren – es ist ein Prosecco der Marke „Pink Hugo“. Der Angreifer raubt dem Vater Handy und Geldbörse, das Smartphone wird in einem nahen Mistkübel gefunden.
Während Florian A. ausgeknockt am Boden liegt, klettert sein Sohn Leon aus dem Buggy und krabbelt über eine Böschung zur Kitzbüheler Ache hinunter – und ertrinkt. In dieser Version ist der Vater neben dem Sohn das zweite tragische Opfer.
U-Haft. In der anderen Erklärung der Ereignisse, die jetzt nach einem halben Jahr akribischer Ermittlungen durch die Behörden lanciert wird, ist der Vater Täter – mutmaßlicher Täter mit voller Unschuldsvermutung, der seit Donnerstag deswegen aber sogar hinter Gittern sitzt.

Keine Beweise, nur Reihe von Indizien

Erlösung. Demnach geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Florian A. den ganzen Überfall nur erfunden und sich selbst niedergeschlagen hat, um zu vertuschen, dass er seinen Sohn in den Hochwasser führenden Fluss geworfen hat, um den Kleinen, der nie in seinem Leben richtig sprechen würde können, der unter epileptischen Anfällen und Autismusstörungen litt, von seiner schweren lebenslangen Krankheit zu erlösen.
Beweise dafür haben die Ankläger keine, nur Indizien wie die Videoaufnahmen einer Überwachungskamera, die zeigen, dass der Vater im Buggy eine Flasche mitführte, die aussah wie eben jenes Frizzante-Getränk, mit dem das nie ausgeforschte Phantom ihn attackiert haben soll. Dann ist da noch der Schrittzähler auf seinem Handy, der schon bevor er ausgeraubt worden sein soll, nicht mehr aktiv war, sprich: Er selbst soll sein Mobiltelefon in den öffentlichen Abfallkübel geworfen haben, um hernach den Coup auf ihn zu inszenieren. Und die Verletzungen würden laut Ermittlern nicht völlig schlüssig zum geschilderten Tatablauf passen.

Beide Versionen sind möglich. Welche halten Sie für (eher) denkbar? 

Roland Kopt 

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