Vor Gericht stehen die Kindesmutter und eine Sozialarbeiterin wegen Vernachlässigung der Fürsorgepflicht - Der kleine Luca war im Alter von 17 Monaten an schweren Verletzungen durch Missbrauch gestorben.
Im Innsbrucker Prozess gegen die leibliche Mutter des zu Tode misshandelten Kleinkindes Luca und eine Sozialarbeiterin hat am Nachmittag des dritten Verhandlungstages die mit Spannung erwartete Einvernahme des Ex-Lebensgefährten der Tirolerin stattgefunden. Der Mann war im vergangenen Jahr wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen mit Todesfolge nicht rechtskräftig zu lebenslanger Haft und zur Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Straftäter verurteilt worden.
Bestreitet die Tat
Der Mann wurde am Montag gleich von sechs
Justizwachebeamten in den Gerichtssaal begleitet. Die 24-jährige Angeklagte
hatte zuvor den Gerichtssaal verlassen. Der Niederösterreicher sagte ruhig
und emotionslos aus und bestritt neuerlich die Tat. Weder den linken
Unterarmbruch von Luca noch die blauen Flecken und die Serienrippenbrüche
könne er sich erklären. Er habe damit nichts zu tun. "Zwei- bis dreimal habe
ich sie (die Kindesmutter, Anm.) aufgefordert, mit Luca zum Arzt zu gehen",
sagte der 25-Jährige. Diese habe gemeint, dass das Kind eine
Blutgerinnungsstörung habe und sich das "bald klären werde".
Zudem habe seine ehemalige Lebensgefährtin gesagt, "wenn der Luca einmal weg ist, wolle sie sofort ein neues Baby". Deuten habe er die Aussage nicht können. Auf die Frage des Richters, ob er den Buben sexuell missbraucht habe, sagte der Verurteilte "nein". Er sei mit den zwei Kindern kaum allein gewesen.
Wollte die Mutter "schützen"
"Ich wollte sie
(Angeklagte, Anm.) entlasten", führte der Niederösterreicher aus. Deshalb
habe er angegeben, dass Luca ihm runtergefallen sei. Er habe seine ehemalige
Lebensgefährtin "in Schutz nehmen wollen", ihm "habe sowieso von Anfang an
niemand geglaubt". Er sei auch in der Vergangenheit mit zwei Frauen mit
Kindern zusammen gewesen und es habe keine Vorfälle gegeben, erklärte der
25-Jährige.
Lucas Vater
Erst während seiner Untersuchungshaft habe er
erstmals über den Verdacht des sexuellen Missbrauchs erfahren. Menschen, die
so was tun, "seien krank und gehörten bis zum Tag ihres Todes weggesperrt",
meinte er auf die Frage des Richters. Mit gesenktem Kopf verfolgte der Vater
von Luca die Einvernahme des Verurteilten.
Lebenslang
Im vergangenen September war der damals 24-jährige
ehemalige Lebensgefährte der Kindesmutter - nicht rechtskräftig - zu einer
lebenslangen Freiheitsstrafe und Einweisung in eine Anstalt für geistig
abnorme Rechtsbrecher verurteilt worden. Nach einem zweitägigen Prozess
hatten die Geschworenen am Landesgericht Korneuburg den Mann einstimmig des
schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen mit Todesfolge für schuldig
befunden. Der Niederösterreicher legte Nichtigkeit und Berufung ein.
Voller Gerichtssaal
Im Prozess gegen Lucas Mutter und eine
Sozialarbeiterin gab es auch am dritten Tag großes Medieninteresse.
Journalisten und Gerichtskiebitze füllten den Schwurgerichtssaal bis auf den
letzten Platz. Kurz vor der Einvernahme des Ex-Lebensgefährten drängten sich
die Schaulustigen bis auf den Gang vor dem Verhandlungssaal. Den Auftakt
bildete am Montag die Einvernahme der Leiterin der Jugendwohlfahrt. Sie wies
die Vorwürfe gegen die angeklagte ehemalige Mitarbeiterin zurück. Sie
verwies auf die Rolle der Mediziner und Kinderschutzgruppen. Hätte die
Befundung bei Lucas Verletzungen auf einen Verdacht der schweren
Kindesmisshandlung hingewiesen, hätte man das Kind aus der Familie genommen,
meinte sie. Die Jugendwohlfahrtsträger seien nicht anzeigepflichtig. Sie
seien dazu da, Familien zu erhalten und zu unterstützen.
Für den 25. Mai sind die Schlussplädoyers sowie die Urteile geplant, sagte Richter Andreas Mair.