Der WWF hat gegen den von den ÖBB am Oberen Lech im Tiroler Außerfern geplanten Ausbau des Wasserkraftwerkes Spullersee protestiert.
Beinahe zehn Jahre nach dem Aus für das Lech-Kraftwerk am Streimbach und der Ausweisung des betroffenen Lech und seiner Seitentäler als Europaschutzgebiet Natura 2000 sollen nun die Bagger auffahren und dem "letzten Wildfluss der Nordalpen an den Kragen gehen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von WWF und Landesumweltanwalt Johannes Kostenzer.
Wassersystem der Donau betroffen
Von diesem Ausbau betroffen
wären nicht nur der Tiroler Lech und die einzigartigen Klostertaler
Bergwälder Vorarlbergs mit ihren seltenen Greifvogel- und Eulenvorkommen,
sondern auch das gesamte Wassersystem der Donau. Der WWF forderte
Landeshauptmann Günther Platter (V) auf, "diesen Angriff auf das europäische
Naturerbe" zu verhindern.
Folgewirkungen auf die Natur
Für Landesumweltanwalt Kostenzer
stehe die neue Kraftwerksnutzung in keiner Relation zu den möglichen
Folgewirkungen auf die beiden Natura 2000-Gebiete. Er sei daran
interessiert, Lösungen für eine Ressourcen schonende und nachhaltige
Entwicklung des Landes zu unterstützen und suche daher stets den Dialog und
naturverträgliche Varianten. Dennoch gebe es Projekte, wo eine
unmissverständliche Position für die Natur eingenommen werden müsse. Der
Tiroler Lech gehöre für die Umweltanwaltschaft zu den naturkundlichen
Hotspots Tirols, wo jegliche Einengung oder Verschlechterung abzulehnen sei.
25 Mio. Kubikmeter Wasser
Drei Bäche des Lech-Einzugsgebietes im
Vorarlberger/Tiroler Grenzraum würden in Rohre gezwängt und zum Kraftwerk
Spullersee geleitet werden; ihre Wasser - 25 Millionen Kubikmeter jährlich -
dem Lech und seinem Unterlauf somit fehlen. Statt das Donaueinzugsgebiet zu
speisen, würde das Wasser zudem von Vorarlberg über den Rhein in die Nordsee
fließen.
WWF will EU einschalten
Der WWF behielt sich vor, die Europäische
Kommission über die Vorgänge in Kenntnis zu setzen, weil dadurch zwei Natura
2000-Gebiete in Mitleidenschaft gezogen würden. In diesen Schutzgebieten von
gesamteuropäischer Bedeutung ist gemäß der EU-Richtlinien von jeder
Verschlechterung des natürlichen Zustandes abzusehen. Der Lech wurde von WWF
und Lebensministerium 1989 gemeinsam zum Österreichischen "Flussheiligtum",
das für die Nachwelt erhalten werden soll, erklärt.
ÖBB verteidigt Projekt
Wie die ÖBB betonten, würden sie
keinen Neubau eines Kraftwerkes am Tiroler Lech planen, sondern versuchen,
durch die Abarbeitung von mehr Wasser auch mehr Strom bei den bestehenden
Kraftwerken in Vorarlberg zu erzeugen. Damit wollen die ÖBB die
Stromversorgung für den wachsenden Bahnverkehr in ganz Österreich vor allem
aber auch in Tirol - Stichwort Unterinntaltrasse - nachhaltig sichern und
die Akzeptanz und die Wettbewerbsfähigkeit dieses Verkehrsträgers erhalten
und langfristig steigern.