Der ärztliche Irrtum hat die Patientin des Bezirkskrankenhauses St. Johann schlußendlich beide Beine gekostet. Ersten Ermittlungen handelt es sich bei der Katastrophe um menschliches Versagen. Ein Chirurg wurde bereits vom Dienst suspendiert.
Nach einem schweren Kunstfehler im Tiroler Bezirkskrankenhaus St. Johann bei Kitzbühel, bei dem einer 90-Jährigen Mitte Juni schließlich beide Beine amputiert wurden, ist der betroffene Chirurg suspendiert worden. Ein weiterer Mitarbeiter wurde unter Chefaufsicht gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung. Am Freitag schaltete sich auch die Tiroler Patientenanwaltschaft ein.
Gesundes Bein abgenommen
Am 16. Juni war der Frau das falsche
Bein amputiert worden. Die Patientin litt an einer Gefäßerkrankung, die
eines ihrer Beine stark in Mitleidenschaft gezogen hatte. Die Mediziner
hätten unmittelbar nach dem Eingriff festgestellt, dass aus Versehen das
gesunde Bein der Frau unterhalb der Hüfte abgenommen wurde. Wenige Tage
später mussten die Ärzte ein weiteres Mal operieren und dann das tatsächlich
kranke Bein abnehmen.
Beide Beine weg
In der Erklärung von ärztlicher Direktion,
Pflegedirektion und Verwaltungsdirektion hieß es, dass "aus jetziger Sicht"
trotz bestehender Qualitätsstandards menschliches Versagen ebenso dafür
verantwortlich zu sein scheine wie der Ausfall nacheinander geschalteter
Sicherheitsmechanismen. Die Leitung des Bezirkskrankenhauses habe "alles
unternommen, um eine lückenlose Aufklärung des Vorfalles zu garantieren".
Staatsanwaltschaft ermittelt
Ein externes Risiko- und
Qualitätssicherungsunternehmen sei beauftragt worden, alle Vorgänge um den
Ablauf der Operation zu hinterfragen. Darauf aufbauend sollen die
bestehenden Qualitäts- und Sicherungsstandards "neu überarbeitet und weiter
verbessert werden". Die betroffene Patientin als auch die Angehörigen seien
unverzüglich über den Vorfall informiert und notwendige Maßnahmen
eingeleitet worden. Lebensgefahr bestehe nicht.
Chirurg suspendiert
Bei der Staatsanwalt bestätigte man am
Freitag den Erhalt der Sachverhaltsdarstellung. Jetzt müssten die Ergebnisse
der Ermittlungen des Landeskriminalamtes abgewartet werden, hieß es.
Ermittelt werde wegen des "Verdachtes der fahrlässigen Körperverletzung
unter besonders gefährlichen Verhältnissen".
Menschliches Versagen
Der ärztliche Leiter des Krankenhauses,
Norbert Kaiser, meinte, "aus erster Sicht" handle es sich um ein
menschliches Versagen. Er wolle aber der Untersuchung nicht vorgreifen. Bei
dem Mitarbeiter handle es sich um einen Chirurgen, der erst seit kurzem am
Klinikum tätig sei. Er verfüge aber über "25 Jahre Berufserfahrung".
Kritik kam vom Tiroler Patientenanwalt Birger Rudisch. Er forderte ein "zeitgemäßes Krisenmanagement" ein. Derzeit lägen der Tiroler Patientenvertretung keine detaillierten Informationen darüber vor, wie genau dieser Fehler passieren habe können. Rudisch zeigte sich "etwas verwundert" darüber, dass in mehr als zwei Wochen noch keine transparente Aufklärung möglich gewesen sei und offenbar noch nicht feststehe, was genau passiert sei. Die ganze Sorge müsse nun der Patientin gelten, da es sich um zwei massive Eingriffe handle. Es sei alles zu unternehmen, damit der gesundheitliche Zustand der Betroffenen stabilisiert werde und vor allem in ihrem Sinne eine umgehende und lückenlose Aufklärung der Umstände erfolge.