Urteil heute
Tochter des Fünffachmörders wollte sich wehren
07.11.2008
14 Schläge - die kleine Tochter des Fünffachmörders wollte sich noch wehren, bevor sie starb. Der Ankläger sagte: "Er ist ein zutiefst feiger Mensch".
Die siebenjährige Tochter des mutmaßlichen Fünffachmörders Reinhard St. wollte sich laut Gutachten wehren, als sie der 39-Jährige am 13. Mai 2008 in seiner Wohnung in Wien-Hietzing mit einer Axt attackierte.
"Mama, was ist los?"
Mit den Worten "Mama, was
ist los?" hatte das Mädchen im Badezimmer nachschauen wollen, wo
Reinhard St. seine 41 Jahre alte Frau hinterrücks mit 13 Hieben zu Tode
gebracht hatte. Offenbar hörte die Siebenjährige die Mutter schreien.
Nathalie dürfte den gegen sie gerichteten Angriff voll mitbekommen haben, da
dieser dem Gerichtsmediziner zufolge von vorne stattfand.14 Schläge zählte
der Sachverständige im Kopf- und Gesichtsbereich der kleinen Nathalie.
Er wollte mit Säge Kopf abschneiden
Der regungslos am
Boden liegenden Nathalie versuchte Reinhard St. laut Anklage mit einer Säge
noch den Kopf abzuschneiden, weil er seiner Darstellung nach noch "Brustkorbbewegungen"
wahrgenommen haben will. Der Gerichtsmediziner versicherte, dem Mädchen
wären die Verletzungen in der Nackenregion post mortem zugefügt wurden: "Kreislauffunktion
war zu diese Zeitpunkt keine mehr gegeben."
"Ein zutiefst feiger Mensch"
Staatsanwalt Michael
Radasztics gestaltete sein Schlussplädoyer zu einer schonungslosen
Abrechnung mit dem 39-jährigen Reinhard St. "Ich halte ihn für
einen Feigling, einen zutiefst feigen Menschen. Er hat lieber den Ausweg
gewählt, seine Familie zu töten, als vor sie hinzutreten und die Karten auf
den Tisch zu legen", spielte der Ankläger auf die 350.000 Euro an, die
der Angeklagte an der Börse verloren hatte, was er den Angehörigen
verheimlichen wollte, weil diese seiner Darstellung zufolge das nicht
verkraftet hätten.
"Er ist nicht anderes als ein grenzenloser Egoist. Ein Egomane. Es geht immer nur um ihn", verlieh Radasztics seinem Unmut Ausdruck. "Sie haben es nicht verdient gehabt, zu sterben. Ich glaube, dass wir diese Charakterzüge, die Feigheit und diesen Egoismus bei der Strafbemessung berücksichtigen müssen. Ich bitte Sie um die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe", meinte der Anklagevertreter zu den Geschworenen.
Persönlichkeitsstörung
Die psychiatrische
Sachverständige Sigrun Rossmanith hatte Reinhard St. eine narzisstische
Persönlichkeitsstörung attestiert. Er sei zum Tatzeitpunkt aber auf jeden
Fall zurechnungsfähig gewesen, betonte die Gutachterin.
Verteidiger zweifelt an Gutachten
Ernst Schillhammer, der
Verteidiger des 39-jährigen Reinhard St., zog in seinem Schlussvortrag das
psychiatrische Gutachten in Zweifel: "Jemand, der so seine Tochter
tötet, kann nicht zurechnungsfähig sein." Er versuchte die
Geschworenen mit Vehemenz davon zu überzeugen, dass sich sein Mandant
entgegen den Ausführungen der Sachverständigen zum Tatzeitpunkt zumindest
nahe an der Zurechnungsunfähigkeit befunden habe.
Staatsanwalt vermisst Reue
Staatsanwalt Michael Radasztics
vermisste bei Reinhard St. "Reue oder ein zumindest kritisches
Auseinandersetzen mit der Tat". "Sie haben nicht das Recht oder
die Pflicht zu töten! Sie spielen da einen Gott, an den Sie eh nicht
glauben! Sie maßen sich an, über das Leben anderer zu entscheiden. Das ist
Hybris!", donnerte Radasztics in seinem Schlussvortrag.
Angeklagter: Bin "zu feig zum Selbstmord"
"Es tut mir
Leid, dass ich noch Ihre Zeit in Anspruch nehmen muss. Aber was der
Staatsanwalt sagt, kann ich nicht so stehen lassen", machte abschließend
auch noch Reinhard St. von der Möglichkeit Gebrauch, ein Schlusswort an die
Geschworenen zu richten. Er habe "nie gesagt, nicht zu feig zum Selbstmord
zu sein", betonte er. Und weiter: "Ich bin zu feig! Ich bin immer noch zu
feig dazu!"
Er nahm vor allem am psychiatrischen Gutachten Anstoß, demzufolge er "ein gerichtlich beeideter Narziss" und "eitel" sei: "Unsympathischer kann ich nicht mehr werden. Also verzeihen Sie, dass ich noch spreche.
"Im Gutachten wären "703 Schlampigkeitsfehler" zu lesen, "die jeder beim ersten Mal Durchlesen sofort korrigiert", höhnte der Angeklagte. Unter Verweis auf Lehre und Judikatur versuchte er zu belegen, dass die Frage nach einer möglichen Zurechnungsunfähigkeit in seinem Fall nicht hinreichend geprüft worden sei.