Der Alpinist hatte eine Gruppe bei Lawinenwarnstufe "3" in einen Hang geführt.
Ein 52-jähriger Skitourenführer ist am Montag am Landesgericht Innsbruck vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen freigesprochen worden. Der Alpinist hatte eine 17-köpfige Gruppe bei Lawinenwarnstufe "3" in einen steilen Hang geführt. Dabei wurde ein Schneebrett ausgelöst und mehrere Mitglieder verschüttet. Für einen 66-jährigen Vorarlberger endete der Unfall tödlich.
Richter von "Eigenverantwortung der Menschen überzeugt"
Für Richter Josef Geisler sei den Teilnehmern der Gruppe bewusst gewesen, welcher Gefahr sie sich aussetzten. "Die Mitglieder und der Angeklagte waren in etwa gleich qualifiziert", argumentierte Geisler. Zudem habe der Sachverständige ausgeführt, dass nicht alle Gefahrenzeichen am Tag des Unfalls erkennbar gewesen seien. Das decke sich auch mit den Aussagen der Zeugen, die allesamt erfahrene Tourengeher seien. "Darüber hinaus bin ich von der Eigenverantwortung des Menschen überzeugt", begründete der Richter. Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig, Staatsanwalt Johann Frischmann gab keine Erklärung ab.
Unfall am 27. Februar
Die Gruppe war am 27. Februar dieses Jahres zu einer Tour auf die 3.039 Meter hohe Saumspitze im Tiroler Arlberggebiet (Bezirk Landeck) aufgebrochen. Die Lawine wurde ausgelöst, als die Gruppe einen Hang queren wollte. Das rund 200 Meter breite Schneebrett erfasste mehrere Mitglieder, die unterschiedlich weit mitgerissen beziehungsweise verschüttet wurden. Alle Verunglückten konnten von ihren Kameraden geborgen werden, für den 66-Jährigen kam die Hilfe allerdings zu spät.
Staatsanwalt ortete "konkrete Fahrlässigkeit"
Der Staatsanwalt beantragte einen Schuldspruch, da der Angeklagte zweifelsfrei eine Führungsfunktion ausgeübt habe. Der 52-Jährige habe über die Route, die Spurenlage und darüber, ob überhaupt weiter gegangen werden soll, also über alle "relevanten Punkte" entschieden. Darüber hinaus sei eine "konkrete Fahrlässigkeit" aus den Angaben des Sachverständigen abzuleiten. Sowohl die Lawinensprengungen als auch der Wind an den Tagen davor hätten im Zusammenhang mit dem Neuschnee "hellhörig" machen müssen. Zudem seien Schneewechten und Triebschneeansammlungen im Bereich des Unfallhanges auszumachen gewesen.
Teilnehmer wussten von Gefahr
Laut Verteidiger Andreas Ermacora handelte es sich bei dem Angeklagten um "einen Führer zum Wohl der Allgemeinheit", der diese Arbeit "ehrenamtlich" leistete. Dieser sei nicht mit einem staatlich geprüften Bergführer zu vergleichen. Daher könnten die Mitglieder der Gruppe nicht dieselben Leistungen erwarten. "Alle Teilnehmer wussten, dass sie auf eigene Gefahr teilnehmen", betonte Ermacora. Der 52-Jährige habe die Tour penibel vorbereitet. Er habe neben einer Ausschreibung eine Vorbesprechung abgehalten und nur Personen mitgenommen, die er gekannt beziehungsweise einschätzen konnte. Ferner habe er die Tour unmittelbar davor selbst absolviert. Am Tag des Unglück habe Lawinenwarnstufe "3" geherrscht, mit Tendenz zu "2". An Ort und Stelle habe er eine ständige Beurteilung durchgeführt.
Das bestätigten alle am Montag einvernommenen Zeugen nahezu gleichlautend. Es seien keine Gefahrenzeichen erkennbar gewesen, lautete der Tenor. Weder seien frische Lawinen oder Triebschneeansammlungen zu sehen, noch seien Setzungsgeräusche zu hören gewesen. Das Opfer wurde von allen Beteiligten als "erfahrener" Alpinist beschrieben.