Geiseldrama

Ultimatum bis Mitternacht

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Der Nervenkrieg um die Geiseln strebt dem Höhepunkt zu. Am Sonntag um 24 Uhr läuft das Ultimatum der Entführer aus.

In einer dramatischen Videobotschaft flehten die Angehörigen von Andrea Kloiber und Wolfgang Ebner die Entführer gestern verzweifelt um Gnade. „Es ist unvorstellbar großes Leid. Es ist schrecklich. Bitte lassen Sie unsere Kinder frei!“, appellierten Andrea Kloibers Eltern auf dem Band, das gestern im arabischen Raum via den Fernsehsender Al Jazeera ausgestrahlt wurde. Ebenfalls appellierte der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Anas Schakfeh, auf diesem Sender an die Entführer.

Druck erhöht
Die Terroristen von der Al Kaida des islamischen Maghreb haben kurz zuvor den Druck auf die österreichische Regierung weiter erhöht. Die renommierte algerische Tageszeitung An Nahar berichtet von einer handgeschriebenen Liste mit den Namen jener inhaftierten Al-Kaida-Terroristen, die auf Druck Österreichs aus Gefängnissen in Tunesien und Algerien freigelassen werden sollen. Ansonsten, so die Terrorgruppe, wird den beiden Österreichern das Leben genommen.

Das Papier ging demnach an die österreichische Botschaft von Algerien, anderen Berichten zufolge auch an jene des Senegal. Der Sprecher des Außenamts, Peter Launsky-Tieffenthal, bestätigte in einer Stellungnahme erste Kontakte zu den Entführern. „Im Interesse der Geiseln, beziehungsweise jener, die sich um ihre Freilassung bemühen, können wir keine Details bekannt geben“, so Launsky-Tieffenthal.

Terroristen
Auf der Liste finden sich Namen hochrangiger Al-Kaida-Kämpfer. Darunter Amari Saifi, genannt „Bin Laden des Maghreb“. Brisant: Saifi steht derzeit vor Gericht, weil er unter anderem in die Entführung von zehn Österreichern im Jahr 2003 verwickelt sein soll.

Experten gehen davon aus, dass durch diese überzogenen Forderungen ein mögliches Lösegeld in die Höhe getrieben werden soll. Es soll sich dabei um Millionen-Dollar-Beträge pro Geisel handeln. Angeblich sind die Verhandlungen um das Leben der Geiseln im Hintergrund längst angelaufen.

Offiziell heißt es freilich von der Regierungsspitze weiter: „Keine Verhandlungen mit Terroristen.“ Doch laut der Nachrichtenagentur Reuters verhandelt ein österreichischer Diplomat in Mali bereits telefonisch mit den Entführern.

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Video-Botschaft der Eltern an die Entführer
Die Botschaft der Eltern von Andrea Kloiber (43) im Wortlaut. Das Video wurde Samstag Abend im TV-Sender Al Jazeera (mit arabischen Untertiteln) ausgestrahlt.

Mutter Christine Lenz (65): „Lasst bitte unsere Kinder frei! Das wäre unser Wunsch. Schickt sie heim. Wir sitzen in der Wohnung, sitzen am Tisch und denken an die Andrea und den Wolfgang. Man kann nicht schlafen in der Nacht, es ist furchtbar.“

Vater Reinhard Lenz (67): „Ich brauche sie daheim wieder. Ich bitte, dass Sie sie wieder freilassen. Außerdem müssen sie ja wieder in die Arbeit gehen – die Tochter ist Altenpflegerin und muss ja wieder die Leute wieder pflegen. Die warten schon auf sie und machen sich große Sorgen.“

Mutter: „Sie haben eine große Hochachtung vor islamischen Kulturen, sind so gerne in die Wüste gefahren. Zu den Menschen, die so oft so freundlich sind, so hat es Wolfgang immer erzählt. „Auch Sie haben Familien und kennen diese Gefühle sicher.“

Vater: „Unsere Gedanken sind immer bei den beiden – bei der Tochter und ihrem Freund. Du kannst keinen klaren Gedanken mehr fassen, du bist immer bei den zweien.“

Mutter: „Wolfgang hat immer ein gutes Verhältnis zu den Menschen dort – sie wollten Brücken bauen.“ Drum lasst sie bitte frei – das sind Freunde der arabischen Nation.“

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Osama bin Laden höchstpersönlich soll im Jänner 2007 die Namensänderung in „Al Kaida“ genehmigt haben. Zuvor verbreitete die rund 800 bis 1.000 Mann starke Gruppierung als „Salafistische Gruppe für Predigt und Kampf“ vor allem in Algerien Angst und Schrecken. Die Namensänderung war nur ein Teil einer Umstrukturierung der Terroristen in Nordafrika. Von Algerien aus operiert die Organisation nun im gesamten Maghreb-Gebiet, also auch in Tunesien und Marokko.

Seit der offiziellen Anbindung an die Al Kaida hat die Gruppe die Losung ausgegeben, „gegen die Gegner unseres Glaubens überall dort vorzugehen, wo wir sie denn treffen können“. Die Aktivitäten der Gruppe werden immer radikaler:

  • So erschütterten am 11. April 2007 zwei schwere Anschläge den Regierungssitz und eine Polizeikommissariat in der algerischen Hauptstadt Algier. Bilanz: 33 Tote.
  • Im Juli des Vorjahres töteten fanatische Selbstmordattentäter ebenfalls in Algerien zehn Soldaten.
  • Am 8. September 2007 sprengte sich in Algier ein Terrorist vor einer Kaserne in die Luft und riss 30 Menschen mit in den Tod. Nur zwei Tage zuvor wurden in der Stadt Batna ebenfalls durch einen Selbstmord­attentäter 20 Menschen umgebracht, 35 verletzt.
  • Heuriger Höhepunkt: Nach einer massiven Terrordrohung der Gruppe waren die Veranstalter der renommierte Rallye Paris – Dakar dazu gezwungen worden, den Klassiker im Jänner diesen Jahres abzusagen.

Bis zehn Millionen
Derzeit wird die Al Kaida des islamischen Maghreb von Hamado Obeid, alias Abdel Hamid Abu Zeid (42), angeführt. Für die Entführung der beiden Österreicher soll die Einheit eines gewissen Yahia Djouadi alias Abou Ammar (Amar) verantwortlich sein. Unter dem Namen „Tarik Ibn Ziad“, ist die Untergruppe vor allem im Süden von Algerien aktiv.

Für die Österreicher wollen die Terroristen viel Geld herausschlagen. Experten rechnen mit bis zu zehn Millionen Dollar Lösegeld.

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