Die Geschworenen plädierten lediglich auf absichtliche schwere Körperverletzung - Die Staatsanwältin zeigte sich "fassungslos".
Eine überraschende Wende hat am Montag der Prozess gegen einen 44-jährigen Frühpensionisten wegen versuchten Mordes an seiner Mutter am Innsbrucker Landesgericht genommen. Richter Andreas Maier setzte das Urteil der Laienrichter wegen Irrtums aus. Sieben von acht Geschworenen befanden den Angeklagten lediglich der absichtlichen schweren Körperverletzung für schuldig. Die Staatsanwältin sagte nach der Urteilsverkündung sie sei "fassungslos".
Mildes Urteil
Mit dem milden Urteilsspruch wird sich nun der
Oberste Gerichtshof befassen müssen. Staatsanwältin Christine Brucker hatte
darauf plädiert, den einschlägig vorbestraften Angeklagten wegen versuchten
Mordes zu verurteilen. Der Strafrahmen für diese Tat bewegt sich zwischen
zehn Jahren und lebenslänglich. Bei einem Schuldspruch wegen absichtlicher
schwerer Körperverletzung drohen dem Verurteilten laut Staatsanwaltschaft
nur zwischen ein bis fünf Jahre Gefängnis.
Mit Glück überlebt
Laut Brucker sei es nur ein Zufall
gewesen, dass das 67-jährige Opfer die mit schweren Bergstiefeln
ausgeführten Tritte ihres Sohnes überlebt hatte. Der Angeklagte habe "mit
dem bedingten Vorsatz zu töten äußerst massiv und wuchtig" auf den Kopf
seiner am Boden liegenden Mutter eingetreten. Die Verletzungen, die die
"körperlich unterlegene, wehrlose Frau" davon getragen habe, seien laut
einem medizinischen Sachverständigen mit denen von Verkehrsunfallopfern
vergleichbar, gab die Staatsanwältin an.
Angeklagter für zurechnungsfähig erklärt
Die
Verteidigerin des einschlägigig vorbestraften Frühpensionisten, Julia Lang,
hatte sich für einen Freispruch ihres Mandanten ausgesprochen. Der Übergriff
auf seine Mutter habe im Affekt statt gefunden, sagte sie. Er sei nicht mehr
in der Lage gewesen seine Handlungen zu kontrollieren. Außerdem müsse man
die beim Angeklagten diagnostizierte Schizophrenie und seine Alkoholisierung
zum Tatzeitpunkt berücksichtigen. Der Entladung des 44-jährigen seien
"jahrelange seelische Grausamkeiten" von seiner Mutter vorausgegangen. Ein
psychologischer Sachverständiger hatte den Tiroler bei der Verhandlung am
Montag für zurechnungsfähig erklärt.
"Ich habe sie derschlagen"
Nach dem Übergriff auf die
67-jährige Frau im März letzten Jahres hatte sich der Angeklagte der Polizei
gestellt. Auf der Dienststelle hatte er seine Kleider ausgezogen und die Tat
mit den Worten gestanden: "Ich hab sie derschlagen. Sperrts mi ein. I sag
nix, i will nach Stein." Die Mutter befand sich laut Anklageschrift in
Lebensgefahr. Sie lebt heute in einem Altersheim im Zillertal.