Missbrauch in Stmk

Vatikan hebt Urteil gegen Sex-Pfarrer auf

16.03.2010

Der verdächtige Pfarrer hält in den Gemeinden weiterhin Messen ab.

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Die Diözese Graz-Seckau sowie der Vatikan stehen unter dringendem Verdacht, den weitreichenden Missbrauchsfall eines steirischen Pfarrers jahrelang vertuscht zu haben, berichtet die Wiener Wochenzeitung Falter.

Missbrauch seit 1982
Der erste Missbrauch des steirischen Pfarrers soll auf das Jahr 1982 datieren. Obwohl der damalige Bischof Johann Weber Ende der Neunzigerjahre konkrete Vorwürfe auf dem Tisch hatte, versetzte er den Priester bloß und vertraute ihm neue Gemeinden an. Dies erklärt die Diözese damit, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt hatte.

Ermittlungen
Die Staatsanwaltschaft Graz nahm damals Ermittlungen gegen den Pfarrer wegen sexuellen Missbrauchs in zwei Fällen auf, stellte sie aber bald danach wegen Beweismangels und Verjährung ein. Außer den zwei mutmaßlichen Opfern wurden damals nur drei aktuelle Ministranten von den Ermittlern befragt, obwohl der Pfarrer im Laufe seiner Amtszeit mindestens siebzig Ministranten gehabt hatte. Die Staatsanwaltschaft rechtfertigt sich gegenüber dem Falter mit "Fingerspitzengefühl: Wenn nichts dran ist, ist der Mann ruiniert."

Nach einem Jahr "Urlaub" überantwortete die Diözese dem Pfarrer weitere Gemeinden in der Südsteiermark. Drei Jahre nach den ersten Ermittlungen wurde die Staatsanwaltschaft abermals aktiv. Diesmal wurde der Pfarrer verdächtigt, mindestens 13 Burschen im Alter zwischen 5 und 18 Jahren wiederholt sexuell und schwer sexuell missbraucht zu haben. Das Verfahren wurde abermals eingestellt.

Urteil wieder aufgehoben
Weil Opfer weiter intervenierten, stellte der damals erst wenige Monate im Amt befindliche Bischof Egon Kapellari den Pfarrer vom Dienst frei. Unter Zustimmung der römischen Glaubenskongregation fand das erste Kirchengerichtsverfahren wegen Missbrauchs in Österreich statt. Es endete mit einem Schuldspruch für den Pfarrer. Wie der Falter nun berichtet, hob die Glaubenskongregation, der aktuell auch der Wiener Kardinal Christoph Schönborn angehört, das Urteil allerdings im Jahr 2006 wegen Verjährung der Tatbestände auf.

Als die Kongregation das Verfahren bestellte, stand Kardinal Joseph Ratzinger an ihrer Spitze. Als Rom das Urteil aufhob, war er bereits Papst Benedikt XVI. Dass die Kirche einen Prozess führt, dessen Urteil sie hinterher wegen Verjährung aufhebt, ist laut dem Kirchenrechtler Wilhelm Rees höchst unüblich. Gerhard Holotik, jener Prälat des Erzbischöflichen Metropolitan- und Diözesangerichts in Salzburg, der das Gerichtsverfahren geleitet hatte, erklärte dem Falter, Er habe sich wegen der Verjährung sehr wohl im Vorhinein abgesichert. "Wir haben die Sache ja von Rom zugewiesen bekommen. Sie können sich denken, wie wir empfinden, wenn unser Urteil plötzlich aufgehoben wird. Ich bin nicht glücklich über das Ganze."

Weiter im Dienst
Noch nach dem Prozess im Jahr 2006 ließ der Pfarrer allerdings verlauten: "Als Aushelfer bin ich in den Pfarren begehrt". Ein Sprecher der Diözese kann nicht ausschließen, dass er "gelegentlich eine Messe feiert, da er ja als Priester nicht suspendiert ist". Das, obwohl Bischof Kapellari versprochen haben soll, ihn nicht mehr in die Nähe von Kindern kommen zu lassen.

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