"Man darf Augen nicht verschließen"
Verfassungsschutzdirektor Gridling sieht erhöhte Terrorgefahr
14.10.2016
Mittlerweile 288 Menschen sind aus Österreich in den Jihad gezogen oder daran gehindert worden.
Der Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorbekämpfung (BVT), Peter Gridling, geht auch in Österreich von einer erhöhten Terrorbedrohung aus. Gefährdungspotenzial sieht er vor allem von Jihad-Rückkehrern und Personen ausgehend, die an der Ausreise gehindert wurden, sagte Gridling am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Bregenz.
"Man darf die Augen nicht verschließen. Man darf die Entwicklung nicht verschlafen", stellte Gridling klar. Österreich sei gegen grenzüberschreitende Gefahren nicht immun. Die Zahl der Menschen aus Österreich, die ausgereist seien, um im Jihad zu kämpfen oder an der Ausreise gehindert wurden, bezifferte Gridling mit 288. Die Dunkelziffer sei sehr schwer einzuschätzen. In letzter Zeit wurden allerdings wieder Fälle bekannt, von denen man zuvor nichts gewusst habe, räumte der BVT-Direktor ein. Als "Hotspots" der Radikalisierung nannte der Verfassungsschützer die Bundesländer Wien, Steiermark und Niederösterreich. In Vorarlberg seien nur weniger als zehn Fälle bekannt. Dennoch müsse man auch hier aufmerksam sein, betonte Gridling und verwies auf Einzeltäter wie in Würzburg oder Ansbach (beides Bayern).
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Grundsätzlich sei 2016 die Zahl der Menschen, die in den Jihad zogen oder dies versucht hatten, leicht zurückgegangen. Das konsequente Vorgehen der Sicherheits- und Justizbehörden zeige Wirkung und "hat auch eine gewisse Abschreckung". Dass mit der Flüchtlingsbewegung auch radikalisierte Personen nach Österreich gekommen seien, die sich hier als terroristische Schläferzelle niedergelassen hätten, wollte der Verfassungsschützer ebenfalls nicht ausschließen.
Neben der verschärften Sicherheitslage durch Terrorismus betonte Gridling die steigende Zahl der asyl- und fremdenfeindlichen Straftaten. Der Trend sei derzeit zwar rückläufig, "von den Zahlen des ersten Halbjahres 2015 sind wir aber noch weit entfernt", räumte der Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung ein. Überhaupt werde der sogenannte "Wutbürger" in seinen Argumenten und Äußerungen immer öfter straffällig. "Worte und Töne, die wir früher nur von den extremistischen Rändern gekannt haben, sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen", brachte es Gridling auf den Punkt.