Ein Brief gewährt Einblick in das Leben einer Frau nach einer Gruppenvergewaltigung.
Der Brief einer 21-jährigen Studentin, die brutal von Flüchtlingen vergewaltigt worden ist, sorgt für Gesprächsstoff in ganz Europa. Große Zeitungen wie BILD oder der Focus berichteten von dem Brief des Vergewaltigungsopfers, der am ersten Prozesstag im Gericht von Opfer-Anwältin Sonja Aziz verlesen wurde und den Richter Norbert Gerstberger in die Muttersprache der mutmaßlichen Täter übersetzen ließ.
Einblicke. Diese schwiegen nur. Der Brief gewährt tiefe Einblicke in das Leben des Opfers: „Ich habe mich wie Restmüll gefühlt“, „seitdem ist mir mein Körper fremd“ und „Ich dachte, ich sterbe dort“. Am Schluss heißt es: „Ich habe so viel Ekel, Wut und Hass in mir. Ich kann niemandem mehr vertrauen.“
Einer der Peiniger vor Gericht. (c) APA
Die drei afghanischen Flüchtlinge (16, 17, 18), die in Bundesbetreuung standen, hatten am 22. April 2016 Whisky getrunken und anschließend am Wiener Praterstern nach einem Opfer Ausschau gehalten.
15-Jähriger hatte Idee für Vergewaltigung
Als sie die Studentin auf die Toilette gehen sahen, witterten sie ihre Chance. Der Jüngste des Trios (damals gerade erst 15 Jahre alt) gab zu Protokoll, dass es seine Idee gewesen sei, die WC-Türe mit einer Münze zu entriegeln und die Frau zu vergewaltigen, sie mit Hämatomen und Würgemalen am Boden zurückzulassen. Der Älteste gab vor Gericht an, sich daran nicht mehr erinnern zu können.
An der TU Wien hatte die fleißige Studentin ihr Auslandssemester absolvieren wollen. Heute leidet sie an den psychischen Folgen. Die Gutachterin, die die 21-Jährige untersuchte, war am Prozesstag für ergänzende Ausführungen nicht erreichbar, weshalb die Verhandlung erst am 31. Jänner fortgeführt wird. Laut der Betreuerin des Opfers, Tamara Citak, ist das für die gepeinigte Frau eine zusätzliche Belastung.
DER BRIEF IM WORTLAUT:
"Ich bin voller Tatendrang nach Österreich gekommen und habe niemandem etwas getan. Warum werde ich bestraft? Ich weiß nur, dass ich Millisekunden gezählt und gebetet habe, dass es endlich vorbei ist. An mir wurde nicht eine, nicht zwei ,sondern drei Straftaten verübt. Es war niemand dort in dieser Toilette, der mir helfen konnte. Ich dachte, ich sterbe dort.
Seitdem ist mir mein Körper fremd. Ich frage mich: Sind diese Haare meine Haare, oder diese Füße und diese Hände, sind sie meine? Drei Monate konnte ich nicht in den Spiegel schauen. Ich fühle mich wie Restmüll. Ich erinnere mich an die Blicke dieser Männer. Was muss ich tun, damit ich diese endlich vergessen kann?
Ich habe so viel Ekel, Wut und Hass in mir. Ich kann niemandem mehr vertrauen. Selbst mit meinen Eltern konnte ich noch immer nicht über diesen Vorfall sprechen. Ich frage mich immer wieder, ob sie mir Schuld dafür geben. Ich habe sie traurig gemacht."
Mit ihrer psychosozialen Betreuerin Tamar Citak steht das Opfer seit der Tat täglich in Kontakt.
ÖSTERREICH: Was hat das Opfer zum Prozess gesagt?
Tamar Citak: Sie wollte genau wissen, was passiert ist, was die Täter gesagt haben. Dass die Verhandlung vertagt wurde, hat sie sehr belastet, weil sie dadurch mit der Vergewaltigung noch nicht abschließen kann.
ÖSTERREICH: Sie ist jetzt wieder in der Türkei. Wie geht es ihr dort?
Citak: Sie sagt, dass sie das Bedürfnis hat, alleine zu sein, leidet aber gleichzeitig darunter. Ihr Grundvertrauen in die Menschen hat sie verloren. Mit ihren Eltern kann sie über keine Details sprechen.