Drei Beamte suspendiert. Justizminister startet Reform.
Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) ist "zornig" über den Fall des verwahrlosten Insassen
der Justizanstalt Krems-Stein - und er hat Konsequenzen gezogen: Die drei Beamte, die als Verantwortliche infrage kommen, wurden vom Dienst suspendiert, Kontrolle und Information ans Ministerium wurden verstärkt. Außerdem setzt Brandstetter eine "größere" Reform des Maßnahmenvollzugs in Gang.
FPÖ-Mann unter den Gefeuerten
Bei den drei suspendierten Beamten handelt es sich nach APA-Informationen um den Traktkommandanten, den zuständigen Abteilungsleiter und den Abteilungsleiter-Stellvertreter. Wobei der Abteilungsleiter - Roman Söllner - politisch aktiv ist: Er ist in der freiheitlichen Exekutivgewerkschaft AUF aktiv und steht auf Platz 15 der FPÖ-Liste für die EU-Wahl. Diese drei - die der Minister nicht näher bezeichnete - seien suspendiert worden, um die strafrechtlichen Ermittlungen, die bereits anhängig sind, nicht zu beeinträchtigen, betonte Brandstetter im APA-Interview.
Alle Umstände dieses - vom "Falter" aufgedeckten - "wirklich erschreckenden" Falles müssten aufgeklärt werden, zeigte sich der Justizminister "betroffen und zornig". Er hat ab sofort ein 14-tägiges Reporting der Vollzugsdirektion direkt ans Ministerium verfügt, um besser informiert zu sein. Und in der Vollzugsanstalt Krems-Stein gibt es jetzt engmaschigere Kontrollen - und zwar medizinisch, dienstrechtlich und bei der Fachaufsicht.
Der Fall sei aber leider symptomatisch dafür, dass es im Strafvollzug allgemein und im Maßnahmenvollzug insbesondere "massive, auch strukturelle Schwächen" gebe, die man ausmerzen müsse: "Seit ich diese Funktion habe liegt mir dieser Bereich im Magen." Deshalb zieht Brandstetter die im Regierungsprogramm enthaltene Reform des Maßnahmenvollzugs - die er eigentlich im Herbst angehen wollte - vor.
Er setzt umgehend eine Arbeitsgruppe ein, die heuer noch die Situation evaluieren soll. Der Minister will auch externe Fachleute - etwa Gerichtspsychologen - einbeziehen. Denn "mit einer rein systemimmanenten Reorganisation ist es nicht getan". Möglicherweise werde man die Behördenstruktur ändern müssen, "ich bin für alles offen". Auch das Gesundheitsministerium wird in der Arbeitsgruppe vertreten sein, vor allem im Hinblick auf die Frage der Betreuung psychisch Beeinträchtiger nach dem Strafvollzug. Mit Minister Alois Stöger (SPÖ) hat Brandstetter heute schon gesprochen.
Letztlich werde man auch einen "Schulterschluss in der Regierung brauchen" - auch mit Finanzminister und dem Bundeskanzler. Denn: "Die nötige Reform wird sicherlich auch Geld kosten." Zuversichtlich macht Brandstetter, dass er bei den heurigen Budgetverhandlungen schon 100 neue Planstellen für den Strafvollzug bekommen hat.
Die Sache müsse jedenfalls '"tabulos, schonungslos, ganz offen" angegangen werden, "da gibt es nichts zu beschönigen und nichts zu vertuschen". Und bei allem Verständnis für die Schwierigkeiten der Justizwache-Beamten im Dienst speziell mit psychisch Beeinträchtigten sei klar, sagt Brandstetter: "So etwas wie hier in Stein darf einfach nicht passieren."