Vorarlberg
Geiselnahme-Prozess wurde vertagt
20.03.2009
Der mutmaßliche Bankräuber brach zusammen und bestreitet die Tat.
Der Prozess gegen einen 43-jährigen Bosnier nach einem Banküberfall mit Geiselnahme in Feldkirch im Herbst 2008 ist am Freitag vertagt worden. Grund ist die Einholung eines neurologischen und psychiatrischen Gutachtens über die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit. Bereits zu Beginn des Prozesses hatte die Verhandlung für eine Stunde vertagt werden müssen, da nicht feststand, ob der Angeklagte verhandlungsfähig ist.
Verdächtiger bestreitet Tat
Vor Gericht bestritt der
43-Jährige die Geiselnahme: Er habe lediglich einen Chauffeur gebraucht. Der
Mann blieb bei seiner Aussage, dass der Banküberfall eine spontane Idee
gewesen sei. Dass er an jenem Tag zwei Kleiderschichten übereinander trug,
begründete er mit "Kälte". Einen Kleiderwechsel habe er nicht beabsichtigt.
Neun Schüsse im Magazin
Wie sich bei der Verhandlung
herausstellte, hatte der Bosnier beim Überfall seine Finger mit Klebeband
umwickelt, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Im Lauf der Waffe, mit
der er die 37-jährige Bankangestellte bedrohte, war zwar keine Patrone,
allerdings war das Magazin mit neun Schüssen gefüllt. Die Pistole habe er
von Bosnien mit nach Vorarlberg gebracht, um sie im "Ländle" zu verkaufen.
Geisel "verwundert"
Die 37-Jährige zeigte sich vor
Gericht verwundert über den psychisch desolaten Zustand des Angeklagten. Bei
der Flucht quer durch Österreich habe der Mann sehr zielorientiert gewirkt.
"Er wusste genau, was er tat", sagte die Frau. Während der Autofahrt habe
er das erbeutete Geld gezählt. Auch die Maut für die Durchfahrt des
Arlbergtunnels habe der 43-Jährige aus dem Plastiksackerl bezahlt, in dem er
die Beute aufbewahrte.
Nachwirkungen
Die Bankangestellte litt während der fünfstündigen
Flucht unter großer Angst. Vor allem die Ungewissheit darüber, was der
43-Jährige mit ihr vorhabe ("Ich hatte ihn schließlich gesehen"), bereitete
der Frau große Qualen. Auch heute noch ist sie angeschlagen, leidet unter
Kopfweh, Schlafstörungen und Nervosität. Sie arbeitet nach wie vor in der
Bank, aber nicht mehr am Schalter.
Gutachten & Vertagung
Der Verteidiger German Bertsch
beantragte die Einholung eines neurologischen und psychiatrischen Gutachtens
über seinen Mandanten. Der Angeklagte habe bereits am Donnerstag unter einer
posttraumatischen Belastungsstörung gelitten. Der heftig weinende Mann
musste beim Betreten des Gerichtssaals gestützt und der Prozess zunächst für
eine Stunde unterbrochen werden. Da dem Antrag stattgegeben wurde, musste
die Verhandlung vertagt werden.