Einmal blitzte er ab, doch Ex-Jurist Martin Wabl lässt nicht locker: Der Steirer will beweisen, dass Brigitta Sirny in die Entführung ihrer Tochter involviert war.
Martin Wabl will kein hartnäckiger Verleumder sein. Und er will sich nicht in eine Theorie verbissen haben, die so nicht bewiesen werden kann. „Die ganze Wahrheit schonungslos ans Licht bringen“, so rechtfertigt der pensionierte Richter und ehemalige Präsidentschaftskandidat seinen beharrlichen Kreuzzug gegen Brigitta Sirny, die Mutter von Natascha Kampusch.
Mutter als Auftraggeberin
Ein Kampf, der nun in die nächste Runde
geht: Am Mittwoch entschied das Bezirksgericht Gleisdorf, dass der
62-Jährige seine Vorwürfe gegen Sirny beweisen darf. Denn der Steirer
behauptet: Ja, Natascha Kampusch wurde 1998 von Wolfgang Priklopil entführt
und acht Jahre lang gefangen gehalten. Aber: Nein, Priklopil war kein
Einzeltäter. Vielmehr handelte der Kindesentführer im Auftrag einer
Bekannten – Brigitta Sirny. „Sie wollte dadurch verhindern, dass Natascha
den sexuellen Missbrauch aufdeckt“, ist Wabl im ÖSTERREICH-Gespräch
überzeugt. Und das behauptet er auch auf seiner – nur für den Rechtsstreit
gegen Sirny eingerichteten – Homepage. Im Dezember will er sogar im
Eigenverlag ein Buch zur brisanten Causa veröffentlichen.
Ermittlungsfehler
"Es gab nach der Entführung mehrere Hinweise,
dass die Mutter involviert war“, erklärt der Steirer. Auch die
Missbrauch-Vermutung sei eine „heiße Spur“ gewesen – ohne diesbezüglich
einen konkreten Verdacht auszusprechen. „Die Ermittler hätten der Spur
nachgehen sollen. Eine Telefon-Überwachung von Sirny und Co. hätte sie
innerhalb weniger Wochen zu Priklopils Haus geführt“, wirft Wabl der Polizei
vor.
Prozess
Schon im Jahr 2000 konfrontierte Wabl Nataschas Mutter
mit den Vorwürfen – und wurde nach einer Klage Sirnys rechtskräftig dazu
verdonnert, die Vorwürfe gegen die Frau zu unterlassen. Damit bahnte aber
ausgerechnet Nataschas Mutter selbst den Weg für den jetzigen
Wahrheitsbeweis, den Wabl erbringen will.
Denn genau um den damaligen Schlagabtausch vor Gericht geht es nun. Der Ex-Richter möchte nämlich die wieder aufgetauchte Kronzeugin in den Zeugenstand rufen: Natascha Kampusch soll persönlich zu Wabls Theorie Stellung nehmen. Auch ihr Vater Ludwig Koch, Nachbarn und Sirnys Freund Ronald H. („Der wusste über alles Bescheid“) werden vorgeladen. Wabl, der davon ausgeht, dass die Verhandlung im Jänner stattfindet: „Endlich kann die Wahrheit aufgedeckt werden: die Mittäterschaft Sirnys.“
Leichengrabung
Allerdings scheint diese Wahrheit alles andere als
glasklar zu sein: In all den Jahren konnte Wabl keine handfesten Beweise
vorlegen. Ein Sprecher der Wiener Staatsanwaltschaft ließ sich sogar dazu
hinreißen, Wabls Vorwürfe als „Käse“ zu bezeichnen. Für die Glaubwürdigkeit
des „Aufdeckers“ nicht gerade förderlich: 2005 wollte er nach Nataschas
Leiche graben lassen; damals war er von ihrem Tod überzeugt.
Keine Reue
Gelassen sieht Brigitta Sirny dem neuen Wabl-Vorstoß
entgegen. Sie bereut übrigens nicht, ihren verbittertsten Gegner vor sieben
Jahren verklagt – und ihm dadurch zum jetzigen Prozess verholfen zu haben.
Sirny zu ÖSTERREICH: „Mir tut eher leid, überhaupt je mit diesem Mann in
Berührung gekommen zu sein.“