Ihre drei Kinder, ihren Bruder und ihre Mutter tötet Martina R., ehe sie sich selbst richtet.
Nicht nur im Ortsteil Schildberg der Marktgemeinde Böheimkirchen herrscht blankes Entsetzen, ganz Österreich ist über die Familientragödie zutiefst berührt. Wie ÖSTERREICH ausführlich berichtete, wurden im Gasthaus Zum Auerhahn am Donnerstag sechs Leichen entdeckt, die schon mehrere Tage in dem Gebäude gelegen haben müssen.
Mit Waffe der Oma die sechs Menschen getötet
Firma schlug Alarm. Noch größer war der Schock, als sich herausstellte, dass sich unter den Leichen drei Kinder (7, 9 und 10) befanden, die ebenso im Schlaf erschossen worden waren wie ihre krebskranke Oma Mathilde (59) und ihr Sohn Peter, ein EDV-Spezialist, der in Wien bei einem großen Beratungs-Unternehmen gearbeitet hatte und dessen Kollegen und Chefs Alarm geschlagen hatten. Der 41-Jährige war tagelang unentschuldigt nicht zum Dienst erschienen.
Der schlimmste Moment war allerdings, als sich herausstellte, wer hier Amok gelaufen war. Nämlich Peters Schwester Martina. Mit einer Walther PPK, die ihre Mutter Mathilde legal besessen hatte und die sich die Tochter heimlich genommen haben dürfte.
Morde von Angestellter waren eiskalt geplant
Und es kam noch ärger: Die Angestellte eines Baumarktes in Neulengbach dürfte das Ende für ihre ganze Familie regelrecht geplant haben. So meldete sie ihre drei Kinder bereits am 21. November von der Schule vorübergehend ab, weil angeblich die Mutter Mathilde schon an Krebs gestorben wäre: Das war eine glatte Lüge!
In ihrem Betrieb dürfte sich die frauliche Blondine, die ihre Haare meist rot gefärbt hatte, krankgemeldet haben. Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass die 35-Jährige, die mit Oma, Bruder und den Kids erst vor eineinhalb Jahren nach Schildberg gezogen war, mindestens drei Tage vor Entdeckung der Leichen, in der Nacht von Zimmer zu Zimmer gegangen ist, um ihre Liebsten einen nach dem anderen zu töten: Michelle, Sebastian, Fabian, Peter, Mathilde und auch den Familienhund, eine kalbsgroße Dogge. Dann legte sie sich zu ihrer Mutter, die bereits tot war, ins Bett und schoss sich selbst in den Kopf. Einen Abschiedsbrief gibt es keinen, zum Motiv viele Spekulationen. Die Rede ist von Krebs, Geldsorgen und einem Obsorgestreit.
Krebserkrankung der Oma als Mega-Problem
Zur Frage des Motivs für den Amoklauf vom Schildberg drängen sich mehrere Versionen auf, die aber auch allesamt auf einen Schlag zusammengekommen sein könnten.
Oma Mathilde (59) hatte von den Ärzten eine böse Diagnose bekommen: Bauchspeicheldrüsenkrebs, der in kürzester Zeit zum Tod führen kann.
Betreuung. Damit hatte Martina, die keinen Führerschein hatte und immer von ihrem Bruder mit dem Pkw in die Firma gebracht worden war, plötzlich ein großes Zeitmanagement-Problem.
Denn erstens hatte sie dadurch plötzlich einen Pflegefall daheim, den sie betreuen musste, zweitens würde spätestens mit dem Tod der Mutter die Betreuung der Kinder durch ihre Oma, die daheim fast alles erledigte, wegfallen.
Narzisstisch. Das stellte Martina, die beruflich als nett, aber privat als verschroben, schwierig und narzisstisch beschrieben wurde, vor eine unlösbare Aufgabe, zumal auch noch ein Obsorgestreit tobte. So hatte die Familie große Geldsorgen, weil sie sich mit dem Kauf des früheren Gasthauses übernommen haben könnte (s. rechts).
Da beschloss sie offenbar, lieber alle zu töten.
Streit mit Vater um drei Kinder
Schon seit Jahren soll es eine gröbere Auseinandersetzung der 35-jährigen Einzelhandelskauffrau mit dem Vater ihrer drei Kindern gegeben haben.
Auch der Wiener, der allerdings weder am früheren Wohnsitz der R.s in Kirchstetten noch in Schildberg öfters gesehen wurde, wollte angeblich die Obsorge für Michelle, Sebastian und Fabian. Am Bezirksgericht in Neulengbach soll die Causa anhängig gewesen sein. Für Martina R. war dies wohl ein weiterer Angriff auf ihre egozentrische Persönlichkeit: Für die Helikopter-Mutter, die mit einem Arbeitskollegen eine On-Off-Beziehung hatte, waren die Kinder ihr Ein und Alles. Die Frau ließ sie so gut wie nie aus den Augen, fotografierte alle Fortschritte z. B. beim Karate-Training oder beim Schwimmen.
Mysteriöser Brief an der Haustür von Martina R.
Neue Beziehung. Rätsel gibt zudem ein Brief auf, der nun an der Eingangstür des ehemaligen Gasthauses gefunden wurde. Darin bedankt sich ein „Stefan“ für „die schöne Zeit mit dir“ – gemeint ist Martina R. – und meint: „Nochmals Danke für Alles!“ Die Ermittler rätseln nun, ob es sich bei dem Verfasser tatsächlich um einen Bekannten oder gar um einen Liebhaber von Martina R. handelt. Oder steckt hinter der kurzen Notiz gar nur ein besonders schlechter Scherz?
Martina R. hatte Geld-Probleme
Martina R. kämpfte auch mit Geld-Problemen. Mit einem Kredit für das 190.000 Euro teure Gasthaus hatte sich die Familie finanziell übernommen. Laut Gerichtspsychiater Reinhard Haller liegt bei Frauen, die derartige Bluttaten begehen, meist ein „erweiterter Selbstmord“ vor: „Sie sind oft depressiv und wollen ihre Liebsten in eine vermeintlich bessere Welt mitnehmen.“ Eine, in der es keine Geldsorgen, Streitereien und Krankheiten gibt. Außergewöhnlich findet Haller allerdings, dass die Frau ihre Opfer erschossen hat: „Das ist wirklich sehr selten.“
(kor)